Wer 2030 geboren wird, wird locker über 80 – laut Studie steigt die Lebenserwartung in Industrienationen stark an. Südkoreanerinnen knacken sogar mit 57-prozentiger Wahrscheinlichkeit die 90. Auch die Deutschen werden immer älter. Für Amerikaner sieht es schlechter aus.
Aus medizinischer und gesundheitsökonomischer Sicht spielt die Lebenserwartung eine zentrale Rolle. Wissenschaftler um Professor Dr. Majid Ezzati vom Imperial College London zeigen jetzt, dass mit einem weitaus stärkeren Anstieg zu rechnen ist als bislang erwartet. Basis der Arbeit sind Geburts- und Sterbedaten der WHO aus 35 Industrienationen. Mit statistischen Modellen extrapolierte Ezzati die Lebenserwartung auf Basis des Geburtsjahrgangs 2030.
„Männer haben traditionell eine ungesündere Lebensweise und somit eine kürzere Lebenserwartung. Sie rauchen und trinken mehr und werden häufiger Opfer von Unfällen und Morden“, sagt der Forscher. Doch die Lebensweisen der Geschlechter gleiche sich an. Als Vergleichswert beziehen sich die Experten auf die höchste Lebenserwartung der unterschiedlichen Länder im Jahr 2010. Bei Männern steht Südkorea 2030 mit 84,07 Jahren an der Spitze (2010: 77,11 Jahre), gefolgt von Australien (84,00 versus 80,10 Jahre), der Schweiz (83,96 versus 80,01 Jahre) und Kanada (83,89 versus 79,41 Jahre). Deutschland ist auf Platz 16 mit 81,96 versus 77,91 Jahren. Als Schlusslichter rangieren Rumänien (74,21 versus 70,12 Jahre), Bulgarien (74,07 versus 70,21 Jahre) und Serbien (73,37 versus 70,25 Jahre). Ähnliche Trends zeigen sich, wenn auch etwas weniger ausgeprägt, bei Frauen. Auch hier steht Südkorea an erster Stelle (90,82 versus 84,23 Jahre), Frankreich (88,55 versus 84,86 Jahre), Spanien (88,07 versus 86,66 Jahre) und der Schweiz (87,70 versus 84,59 Jahre) aus. Mit 85,86 versus 82,81 Jahren ist Deutschland auf Platz 17. Im Vergleich dazu sind die Zahlen in Bulgarien (78,87 versus 77,33 Jahre), Serbien (78,27 versus 75,21 Jahre) und Mazedonien (77,83 versus 76,47 Jahre) relativ niedrig. Bleibt als Highlight: Eine Lebenserwartung von über 90 Jahren werden Frauen in Südkorea mit 57 Prozent Wahrscheinlichkeit erreichen. „Bis vor Kurzem noch haben viele Wissenschaftler gedacht, dass die Lebenserwartung niemals 90 Jahre überschreiten wird“, sagt Ezzati.
Zur Erklärung aller Trends liefert der Forscher mehrere Argumente. Dass Südkorea an der Spitze steht, ist wenig erstaunlich. Das Land baut seit Jahren sein Gesundheitssystem aus. Kinder und Jugendliche lernen, sich vernünftig zu ernähren. Die Zahl an Rauchern ist im Vergleich zu anderen Industrienationen gering, Übergewicht ist kein weit verbreitetes Problem. Dass die USA mit Platz 25 (Männer) beziehungsweise Platz 27 (Frauen) sehr schlecht abschneidet, liegt Ezzati zufolge am Fehlen eines für alle Menschen zugänglichen Gesundheitswesens und an starken sozialen Unterschieden. Auch gibt es immer mehr übergewichtige Menschen. Hinzu kommen – je nach Bundesstaat – prozentual hohe Mordraten sowie eine große Sterblichkeit bei Müttern und Kindern. Wie sich Donald Trumps umstrittene Reformpläne auswirken könnten, lässt sich aus jetziger Sicht schwer abschätzen.