Wer sagt eigentlich, dass bei Herzinsuffizienz nur Pillen und Transplantationschirurgen helfen können? Per Dialyse geht das Wasser jedenfalls auch raus. Jetzt wollen extrakorporal veranlagte Kardiologen auch noch Antikörper absaugen, um dem Wasser den Garaus zu machen.
Die Furosemid-Behandlung bei Patienten mit dekompensierter Herzinsuffizienz gehört sicher zu den eindrucksvollsten Therapiemaßnahmen überhaupt. Wer wegen einer schwachen Pumpe zu viel Wasser einlagert, dem kann der Arzt per Lasix beim Abnehmen fast zusehen. Bei kaum einer anderen Therapie außer der Schmerztherapie ist therapeutischer Erfolg oder Misserfolg auch für den Patienten so unmittelbar zu spüren.
Nephrologie als Inspirationsquelle für ratlose Kardiologen
Trotzdem: "Bei dekompensierter Herzinsuffizienz sind die Erfolge einer pharmakologischen Therapie limitiert", sagt Professor Stephan Felix von der kardiologischen Klinik der Universität Greifswald. Irgendwann sind auch erfahrene Kardiologen mit ihrem Diurese-Latein am Ende. Zunehmend Anhänger gewinnt deswegen ein neuer Ansatz, die Flüssigkeit aus dem Patientenkörper hinaus zu bringen, nämlich der Einsatz extrakorporaler Verfahren. Dialyse und Hämofiltration gehören zum kleinen ABC der Nephrologie und Rheumatologie. Kardiologen tasten sich jetzt ganz vorsichtig an diese Techniken heran. Zum ersten Mal größere Aufmerksamkeit verursachte im vergangenen Jahr die UNLOAD-Studie, über die DocCheck berichtet hat. Hier konnte durch den Einsatz einer Hämofiltration über einen periphervenösen Zugang bei akut dekompensierten Patienten nicht nur eine rasche Rekompensation erreicht werden. Auch die Langzeitergebnisse waren in dieser randomisierten Studie mit 200 Patienten bei Verwendung der Hämofiltration besser als im Kontrollarm, wo die üblichen Diuretika zum Einsatz kamen. Wurde das Wasser per Maschine aus dem Leib gezogen, kam es weniger rasch zu erneuten Dekompensationsepisoden.
Die Antikörper schauen in die Röhre
Felix und seine Kollegen sind jetzt noch einen Schritt weiter gegangen und berichteten darüber unter anderem auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim. Statt dem Körper einfach nur eine salzhaltige Flüssigkeit zu entziehen, nehmen sie dem Blut außerdem Antikörper weg. Dies geschieht mit Hilfe eines Immunadsorption genannten Verfahrens, bei dem das Blutplasma durch Plasmapherese getrennt und dann durch spezifische Röhren geleitet wird. Hier bleiben die Antikörper an gezielt platzierten Antigenen hängen, während der Rest des Plasmas wieder zurück in den Körper gepumpt wird. Wissenschaftlicher Hintergrund ist die Beobachtung, dass bei Patienten mit dilatativer Kardiomyopathie nicht nur die Pumpfunktion des Herzens, sondern auch die humorale Immunabwehr gestört ist. "Bei der Mehrheit der DCM-Patienten können Autoantikörper gegen verschiedene spezifische kardiale Antigene detektiert werden, sodass diese Erkrankung auch als eine Autoimmunkrankheit angesehen werden kann", so Felix. Die Autoantikörper binden an Komponenten des Herzmuskels und wirken letztlich negativ inotrop, das heißt sie verschlechtern die Pumpleistung des Herzens. Die Konsequenz, die die Greifswalder gezogen haben, lautet: Raus damit!
Große Studie will Langzeitnutzen belegen
In kleineren prospektiven Studien konnten Felix und seine Kollegen zeigen, dass das Verfahren funktionieren kann. Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz hatten bei Einsatz der Immunadsorption weniger Beschwerden und eine bessere Pumpleistung als Vergleichspatienten, die rein medikamentös therapiert wurden. "Das Verfahren bewirkt bei DCM-Patienten auch eine Rückbildung der Myokardinflammation", so Felix. Dass die positiven Effekte mit der Beseitigung der Antikörper im Zusammenhang stehen, ist zumindest wahrscheinlich: Jene Patienten, bei denen Autoantikörper nachgewiesen werden, profitieren stärker von dem Verfahren als jene, bei denen das nicht der Fall ist. Um das alles bei DCM-Patienten auf statistisch etwas festere Füße zu stellen, ist ab Sommer 2007 eine größere Studie geplant, an der 21 deutsche Zentren teilnehmen werden. Primär interessiert dabei die Veränderung der LV-Funktion. Ebenfalls Auskunft erhoffen sich die Ärzte allerdings darüber, ob das Verfahren längerfristig vielleicht sogar die Prognose verbessern kann.