Im Rahmen einer Übersichtsarbeit wurde untersucht, welche Effekte pflanzliche Arzneimittel bei der Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen haben. Das Ergebnis: wenig Evidenz, dafür Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen.
In Deutschland erfreuen sich Phytopharmaka großer Beliebtheit. Statista berichtet, dass mehr als 100 Millionen Packungen Jahr für Jahr über die HV-Tische wandern. Das Umsatzvolumen bewegte sich 2015 bei knapp 1,2 Milliarden Euro. Beliebte Einsatzgebiete sind nicht nur Erkältungskrankheiten oder grippale Infekte. Auch bei kardiovaskulären Leiden greifen viele Patienten zu vermeintlichen Alternativen aus pflanzlichen Stoffen. Rosa Liperoti aus Rom hat zusammen mit Kollegen Veröffentlichungen über wichtige Präparate dieser Gruppe ausgewertet. Sie kommt zu wenig erfreulichen Resultaten.
In keinem Fall gab es Daten, die eine Evidenz der Therapie klar belegt hätten. Bei Leinsamenöl, Mariendistel, Traubenkernen, grünem Tee, Weißdorn, Knoblauch und Soja fand Liperoti zumindest Hinweise auf wünschenswerte Effekte. Leinsamen, Soja, Knoblauch und grüner Tee hätten nützliche Auswirkungen auf den Cholesterolspiegel. Phytopharmaka mit Mariendistel-Extrakten sollen laut Analyse den Blutglukosespiegel positiv beeinflussen, und bei Traubenkernen berichtet Liperoti vom Benefit bei Hypertonie. Die Autorin fordert jedoch größere, methodisch anspruchsvollere Studien. Gleichzeitig hält sie Nebenwirkungen beziehungsweise Interaktionen mit Arzneistoffen für möglich.
Auf Basis ihrer Literaturarbeit warnt Liperoti jedoch vor Tragant (Astragalus), Ginseng und Ginkgo biloba. In der Literatur ließen sich keine oder nur widersprüchliche Hinweise auf die Wirkung finden. Die Autorin macht dies anhand von Ginseng-Präparaten deutlich. Eine Metaanalyse mit acht Studien zeigte, dass sich bei Typ-2-Diabetikern verschiedene Stoffwechselparameter verbesserten. Bei einer anderen Metaanalyse mit 16 Studien fand sie keine wünschenswerten Auswirkungen. Dem stehen teils schwere Nebenwirkungen gegenüber. Hier nennt die Forscherin speziell Ginkgo-Präparate. Aufgrund der plättchenhemmenden Wirkung sei ein erhöhtes Blutungsrisiko zu befürchten. Hier kommen Apotheker ins Spiel: In den Augen vieler Kunden sind Phytopharmaka harmlos. Sie versäumen, andere Medikamente zu nennen, die ihr Arzt verschrieben hat. Zusammen mit Cumarin-Derivaten steigt das Blutungsrisiko beispielsweise stark an.