"Vaginoplasty" - der neueste Trend in den USA für all die, die sonst keine Probleme zu haben scheinen. Für Frauen mit einer vaginalen Fehlbildung ist es dagegen meist die einzige Möglichkeit, um überhaupt normale Sexualität leben zu können.
Körpereigene Vaginalschleimhaut aus dem Labor
Die beiden Frauen, die von Pierluigi Benedetti Panici und Kollegen in Rom einer plastischen Chirurgie an der Vagina unterzogen wurden, hatten sich weder zur Generalüberholung noch zur Geschlechtstransformation in der Universität "La Sapienza" eingefunden. Sie hatten ein wirklich gravierendes Manko in Form einer Vaginalaplasie.
Diese Fehlbildung ist angeboren und tritt in den meisten Fällen als Folge des Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndroms (MRKHS) auf. Kennzeichen ist das Fehlen bzw. die unvollständige Ausbildung der weiblichen Scheide. Über die Zahl der Betroffenen gibt es unterschiedliche Angaben. Die Gynäkologen aus Rom zitieren einen Schätzwert von eins zu 4.000-10.000 Frauen. Die Ursache des Syndroms ist bisher unklar. Das absolute Novum an den beiden OPs war, dass erstmals eine aus körpereigenen Stammzellen gezüchtete Vaginalschleimhaut erfolgreich verpflanzt wurde.
Hoffnung für Frauen mit MRKHS
Die erste OP fand im Mai 2006 statt. Dabei wurde einer 28-jährigen Frau körpereigene Schleimhaut zur Rekonstruktion einer Vagina transplantiert. Ein Jahr später berichtet das Ärzteteam um Professor Panici - erstmals auf einer Pressekonferenz - über eine zweite Verpflanzung vaginaler Mukosa bei einer 17-jährigen Patientin. Die Operation verlief genauso erfolgreich wie die erste. Beide Frauen hatten eine diagnostizierte MRKHS. Vorgehensweise und Erfahrungen wurden kürzlich in der Fachzeitschrift "Human Reproduction" veröffentlicht.
Nachteile bei gängigen Haut-Transplantaten
Für die Nachbildung einer Vagina, Neovagina genannt, werden unterschiedliche operative Methoden eingesetzt. Für Panici und viele seiner Kollegen ist die Vaginoplasty von Abbè-McIndoe die bewährteste. Sie wird heute in der Regel in modifizierter Weise übernommen. Die Prozedur besteht darin, einen Scheidentunnel zu präparieren, dessen Wand nachträglich mit einem Haut-Transplantat abgedichtet wird. Bei dem bisher verwendeten Material gibt es die verschiedensten Varianten - alle mit dem Risiko behaftet, dass das Gewebe abgestoßen wird oder sich infiziert. Als nachteilig erweisen sich auch die Narben, die auf den bisherigen Transplantaten zurückbleiben - ganz abgesehen von der relativ langen Zeit, die es dauert, bis die Vagina funktionsfähig ist. Die Gynäkologen aus Rom wurden auf der Suche nach einer besseren Alternative fündig. Sie waren die ersten, die eine vaginale Zellkultur im Labor, auf der Basis einer Biopsie aus dem Scheidenvorhof, für die Epithelisation der Scheidenwand nutzten.
Vier Monate für eine funktionsfähige Vagina
Ein Quadratzentimeter Schleimhaut aus dem Scheidenvorhof der Patientin reichte, um nach zwei Wochen ein 314 Quadratcentimeter großes Gewebe auf Gaze präparieren und implantieren zu können. Die Zellkultur wurde im Labor für Zellbiotechnologie an der Sapienza-Universität angelegt. Die OP selbst dauerte 18 Minuten. Bereits fünf Tage nach dem operativen Eingriff war sicher, dass das körpereigene Mukosagewebe zu mehr als 90 Prozent angenommen war. Nach vier Monaten hatte die Patientin eine voll funktionsfähige Neovagina. Sie berichtete, dass der erstmalig mögliche Geschlechtsverkehr für beide Partner zufriedenstellend war.
Normale Epithelisation des verpflanzten Mukosagewebe
Bei der OP wurde ausgehend vom Vaginaleingang ein 10 cm langer Tunnel zwischen Blase und Darm mit einem Schnitt geschaffen. Ein spezielles Formteil mit einem Durchmesser von 2 cm und einer Länge von 12 cm sorgte dafür, dass sich das verpflanzte Mukosagewebe nicht verschieben kann. Außerdem wurde auf diese Weise der Druck gegen die Gaze erhöht. Die Stütze musste sechs Wochen lang in der Nacht getragen werden. Die Kontrolle per Kolposkopie und per vaginaler Biopsie bestätigte in dieser Zeit eine ganz normale Epithelisation der Scheidenwand. Für die Entnahme von Gewebe speziell aus dem Scheidenvorhof hatte man sich entschieden, um Narben weitestgehend zu vermeiden. Körpereigene Gewebe haben außerdem den Vorteil, dass das Risiko hinsichtlich Infektion oder Rejektion ausgeschlossen werden kann. Das viel versprechende Resultat bestärkt Panici und Kollegen, weitere Forschungen in dieser Richtung zu betreiben.