Das Apothekenregal hat die Nase vorn: Dort finden sich jetzt Zahnbürsten, die drahtlos kommunizieren können. Vorn an der Kasse klappts bisher nicht mal mit Kabeln: In den Testapotheken für die elektronische Gesundheitskarte jedenfalls hat das eRezept noch immer nicht Einzug gehalten. Im September allerdings könnte es so weit sein.
Wie, Sie unterhalten sich noch nicht mir Ihrer Zahnbürste? Lachen Sie nicht, denn demnächst quatscht Ihre Zahnbürste mit Ihnen: Nicht so fest aufdrücken, Alter! Du hast die Backenzähne rechts oben vergessen!
Der neue Dirigent im Badezimmer
Zugegeben, ganz so weit ist es noch nicht. Aber neue Zahnbürstenmodelle zeigen doch klar und deutlich, wohin die Reise geht: Elektrische Zahnbürsten, die drahtlos mit einer Display-Unit kommunizieren, auf der der Anwender Feedback zu seinem Putzverhalten bekommt, erobern die Verkaufsregale. Die durch einen Pulsationsstopp des Bürstenkopfes erteilte Empfehlung, etwas weniger hart aufzudrücken, ist nur einer von einer ganzen Reihe von Ratschlägen und Statistiken, die der alltäglichen Routine ein wenig mehr Gloria und, im Idealfall, bessere Putzresultate bescheren sollen. Bemerkenswert an dieser Innovation ist unter anderem das Timing: Mit dem neuen Putzwerkzeug hat der apothekeninternen Wettlauf zwischen Verkaufsregal und Kassenbereich jetzt einen eindeutigen Sieger: Dank Wireless-Zahnbürste ist das Regal klar als erstes am Netz. Der Kassenbereich dagegen wartet weiter auf die elektronische Gesundheitskarte, mit der er dann irgendwann auch einmal online gehen soll.
Im Herbst gibt's das eRezept à la Saxonaise
Unmittelbar vor der Tür steht das aber noch nicht. "Wir statten gerade dreißig Apotheken mit Kartenlesegeräten und elektronischen Heilberufsausweisen aus, damit die Apotheker künftig elektronische Rezepte lesen können", sagt Romain Seibt von der Gesundheitskartentestregion Löbau-Zittau in Sachsen. Im September oder frühen Oktober könnte es dann erstmals so weit sein: Wenn auch die Ärzte entsprechende Karten in der Hand halten, können sie elektronische Rezepte offline auf die elektronischen Gesundheitskarten von derzeit etwa 10.000 Versicherten schreiben, die dann in der Apotheke eingelöst werden können. Die meisten anderen Testregionen sind aber noch längst nicht so weit wie Sachsen. Und überhaupt: Der ganz große Knaller für den Kassenbereich ist das sowieso noch nicht. Denn für den Patienten ist es einerlei, ob er ein Papierrezept oder seine Versichertenkarte in die Apotheke schleppt. So richtig interessant wird das elektronische Rezept erst in seiner Onlineversion. Wann die freilich kommt, steht noch in den Sternen. Das Bundesgesundheitsministerium hat jetzt erst einmal die Prioritäten neu gesetzt: Es hat die Gesellschafterversammlung der für die Gesundheitskarte zuständigen gematik mit sanftem Druck dazu gebracht, einen vorgezogenen Rollout der Karten und der dafür erforderlichen Kartenlesegeräte zu beschließen.
Das 2:0 für die Zahnbürste liegt in der Luft
Im zweiten Quartal 2008 soll es nun losgehen mit der bundesweiten Ausgabe der Karten. Wenn es denn dabei bleibt, denn bis Ende September muss jetzt erstmal eine Finanzierungsvereinbarung her. Die Ärzteseite hat flugs deutlich gemacht hat, dass sie nicht bereit ist, dafür auch nur einen Cent zu zahlen. Wenn sich die Kassen dem beugen, dürften wohl auch die Apotheker um diesen Teil der Investitionen herum kommen. Der vorgezogene Rollout bedeutet für die Praxis, dass zunächst einmal die Offline-Variante des elektronischen Rezepts mit Macht realisiert wird, um sich die Peinlichkeit zu ersparen, dass die neue Karte anfangs nicht mehr kann als die alte. Für die Online-Tests hätte man damit die Zeit gewonnen, die offenbar noch nötig ist. Allerdings: Sollen die Karten nach einem Rollout nicht noch einmal ausgetauscht werden, müssen sie spätestens Anfang 2008 so fit sein, dass die zumindest im Prinzip auch für die Online-Welt taugen. Von Online-Feldtests jedoch ist im Moment noch nicht viel zu sehen. Fazit: Auch die zweite Runde dürfte an die Zahnbürste gehen. Die lernt vermutlich eher sprechen, als alle Apotheken in Deutschland die eCard lesen.