Sie wollen Ihre Patienten beeindrucken? Wie wärs mit seinen Herztönen als iPod-File? Technisch kein Problem, nur bei Schrittmachern müssen Sie aufpassen. Behaupten zumindest US-Kardiologen in einer neuen Untersuchung.
Bei US-Ärzten ist der iPod nach dem Stethoskop mittlerweile zum zweitwichtigsten ärztlichen Statussymbol geworden. Kein Wunder, dass früher oder später jemand auf die Idee kommen würde, beides zusammen zu schalten.
Besser als jede Techno-Mukke: Der persönliche Heart-Beat
Mit herkömmlichen Stethoskopen macht das natürlich wenig Sinn. Aber ihre sündhaft teuren digitalen Geschwister schreien geradezu nach einer Schnittstelle zum Kultobjekt von Babyboomern abwärts. Das Unternehmen Thinklabs hat sich dieser Marktlücke jetzt angenommen und bietet sein Stethoskop-Flaggschiff ds32a seit Kurzem mit einer Dockingstation an, die den problemlosen Datenaustausch mit dem iPod erlaubt. Der Preis ist mit 645 US-Dollar fair, wenn man berücksichtigt, dass ein iPod nano mit zwei Gigabyte Speicherkapazität enthalten ist. Wer für seine Klinik gleich mehrere Geräte kauft, kommt sogar 150 US-Dollar billiger davon. Um sich mögliche Anwendungsszenarien auszumalen, braucht es wenig Fantasie: Stellen wir uns nur einen bockigen Achtjährigen mit angeborenem Herzfehler vor, der beim kinderkardiologischen Checkup schlechtgelaunt sein T-Shirt lüftet. Beim Verlassen der Praxis dagegen schwingt er strahlend die Kopfhörer und bastelt zuhause am Rechner aus seinem Systolikum per Desktop-Equalizer einen Technorhythmus, der die Kumpels entzücken und die Lehrer zur Verzweiflung bringen wird. Und wenn die Mutter ein Jahr später beim Frühstück "Du hast heute wieder einen Termin beim Onkel Doktor" flötet, kommt die prompte Antwort: "Der mit dem geilen Hörrohr, ey?"
IPod bringt Schrittmacher aus dem Takt und stört beim Ablesen
Als Spielverderber in Sachen iPod und Herz spielten sich jetzt allerdings Kardiologen der Michigan State University auf, die auf Anregung und unter Beteiligung des High-School-Studenten Jay Thaker mögliche Interferenzen zwischen dem iPod und Herzschrittmachern untersucht haben. Man muss dazu wissen, dass Thakers Eltern beide Ärzte sind, der Vater sogar Elektrophysiologe. Der junge Thaker, der natürlich Medizin studieren will, präsentierte die Ergebnisse seiner Untersuchungsreihe, in der er vier verschiedene iPod-Modelle bei 83 Patienten mit Herzschrittmachern untersucht hat, in einer Session auf dem Kongress der Heart Rhythm Society im Mai 2007 in Denver im US-Bundesstaat Colorado. Die Schrittmacher kamen von unterschiedlichen Herstellern. Es waren Zweikammer- und Einkammersysteme dabei. Insgesamt waren Interferenzen zwar selten, aber sie traten auf. Bei 20 Prozent der Patienten kam es zu so genannten Oversensing-Phänomenen, bei 29 Prozent gab es Interaktionen mit der Telemetriefunktion und bei einem Patienten kam es sogar zu einem reproduzierbaren Ausfall der Pacer-Funktion, also einer fehlenden Schrittmacheraktivität an einer Stelle, an der sie eigentlich auftreten sollte. "Die beobachteten Interferenzen waren zwar nicht lebensgefährlich, aber sie könnten als Vorhofflimmern oder als ventrikuläre Tachykardien missinterpretiert werden", sagte Thaker in Denver. Auch erinnerte er daran, dass Schrittmacherträger zwar nicht die klassische iPod-Zielgruppe darstellen, dass aber deren Enkel häufig mit iPods ausgestattet sind, sodass die beobachteten Phänomene praktische Relevanz haben könnten.
Relevant? Allenfalls für Oberhemden-Junkies...
Andere Experten stellten diese praktische Relevanz allerdings in Frage. So wurden die iPod-Geräte in den Untersuchungen für fünf bis zehn Sekunden wenige Zentimeter über den Pulsgenerator gehalten, ein Szenario, das allenfalls bei Aufbewahrung des iPods in der linken Brusttasche von Oberhemden einigermaßen erreicht wird. "In anderen Situationen wird das wahrscheinlich nicht klinisch relevant sein", sagte Dr. Richard Trohman von der Rush-University in Chicago auf der Konferenz. Auch ist der iPod natürlich nicht das erste Gerät der Unterhaltungselektronik, das mit Schrittmacherinterferenzen in Zusammenhang gebracht wird. Immer wieder gibt es Berichte über Interferenzen mit Mobiltelefonen, die Thaker auch dazu anregten, mit den Kardiologen der Michigan State University in Sachen iPod in Kontakt zu treten. Auch Pager-Systeme in Kliniken wurden für Interferenzen verantwortlich gemacht. All das hat aber in der Praxis nur sehr begrenzte Relevanz.