Der Bundesrat hat die von der Bundesregierung vorgeschlagene Umsetzung der EU-Richtlinie für Heilberufler abgenickt. EU-Bürger haben jetzt ein paar Möglichkeiten mehr, um in Deutschland zu arbeiten. Für Angehörige von Drittstaaten dagegen bleibt es schwierig.
Und wieder rückt ein gemeinsamer europäischer Gesundheitsmarkt einen Schritt näher. Nachdem die Heilberufe unter anderem auf deutschen Druck hin im Jahr 2004 aus der europäischen Dienstleistungsrichtlinie ausgeklammert worden waren, hat die EU kürzlich die Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen der Heilberufe nachgeschoben. Nach den meisten anderen europäischen Ländern hat nun auch die Bundesrepublik Deutschland diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, und der Bundesrat hat den Änderungen in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen, darunter die Bundes-Apothekerordnung, jetzt abschließend zugestimmt.
Das Gesetz lässt mehr als nur eine Hintertür
Betroffen sind all jene Heilberufe, für die der Bund zuständig ist, darunter Apotheker, Ärzte, Physiotherapeuten, Pflegeberufe und - Bademeister. Das so genannte "Herkunftslandprinzip", das die Original-Dienstleistungsrichtlinie dominiert, kommt für Heilberufler nicht zur Anwendung. Dürfen Dienstleister in anderen Branchen (im Großen und Ganzen) ihre Services europaweit zu jenen Konditionen und unter jenen Bedingungen anbieten, die in ihrem Herkunftsland gelten, müssen sich Heilberufler dem Recht des Landes beugen, in dem sie ihre Dienste anbieten wollen. Immerhin: Mit den neuen Paragraphen erkennt jetzt auch Deutschland offiziell die Ausbildungen der Heilberufler aus anderen Ländern an - zumindest ein bisschen. Wer in einem EU-Land als Apotheker tätig ist, kann jetzt auch ohne Approbation in Deutschland tätig werden. Bisher war dafür die Beantragung der deutschen Approbation nötig. "Diese Regelung, die zum Beispiel für Urlaubsvertretungen interessant sein kann, gab es bisher schon für Ärzte. Jetzt trifft sie auch auf Apotheker zu", sagt Dr. Ursula Sellerberg von der Apothekervereinigung ABDA im Gespräch mit DocCheck.
Arbeiten auf Bewährung
Ganz einfach wird es den Gastapothekern freilich nicht gemacht. Relevant sind in diesem Zusammenhang in erster Linie die neuen Paragraphen 2 und 11a der Bundesapothekerordnung. "Apotheker, die Staatsangehörige eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union (...) sind, (...) dürfen den Apothekerberuf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Apotheker oder ohne Erlaubnis zur Ausübung des Apothekerberufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen (...) tätig werden", heißt es im neu eingefügten Absatz 2a des §2. Man beachte das "und" zwischen "vorübergehend" und "gelegentlich". Wer sein Leben lang gelegentlich Dienstleistungen in Deutschland erbringen will, bekommt also schon Schwierigkeiten beziehungsweise muss eine Approbation beantragen, weil seine Tätigkeit das Attribut "vorübergehend" nicht erfüllt.
Das Ganze ist zudem einer gewissen Willkür unterworfen, wie der §11a verrät: "Der vorübergehende und gelegentliche Charakter der (...) Dienstleistungen wird im Einzelfall beurteilt". Zuständig ist dann jeweils die regional verantwortliche Apothekerkammer. Nicht so ganz im Sinn eines freien Binnenmarkts ist sicher auch jener Satz, der den Gastapotheker verpflichtet, sich jährlich (!) schriftlich bei den deutschen Behörden zu melden, solange er "vorübergehend und gelegentlich", also ohne Approbation, tätig ist. Diese Zwangsbürokratie ist keineswegs von der EU-Richtlinie so vorgegeben. Andere Länder machen das einfacher.
Entwicklungshilfe à la Gesundheitsministerium
Alles in allem ist die Situation innerhalb Europas trotz kleinerer Schikanen unproblematisch. Richtig schwer haben es dagegen weiterhin Heilberufler aus Drittländern, und zwar auch und vor allem jene, die ihre Ausbildung in Deutschland erhalten haben. Auch hier wogen derzeit die legislativen Wellen. Der Bundesrat hat in einer Entschließung eine Gesetzesänderung und einen Approbationsanspruch für diese Gruppe gefordert. Das wäre in der Tat angebracht, wenn man sich die Schikanen ansieht, die Menschen, die zum Teil sieben Jahre lang in Deutschland ausgebildet wurden, im Moment über sich ergehen lassen müssen, wenn sie es wagen sollten, in Deutschland temporär arbeiten zu wollen. Im Bundesgesundheitsministerium zeigt man dem Begehren des Bundesrats jedoch die eiskalte Schulter. Derzeit ist "für Drittstaatsangehörige eine Approbation nur im Ausnahmefall im Wege des Ermessens möglich", heißt es in einem Brief des zuständigen Referats an die Apothekervereinigung ABDA von Mitte August.
Diese Einschränkung sei sinnvoll, weil dadurch "eine örtliche Steuerung der Berufsausübung" möglich werde, die bei einer pauschalen Approbation wegfiele. Dann kommts: Zum anderen werde "durch einen Approbationsanspruch für die Gruppen auch der Pull-Faktor im Sinne eines brain drain für diejenigen Drittstaatsangehörigen verstärkt, die aus Entwicklungsländern kommen, die ggf. gerade unter einer Abwanderung von Heilberufsangehörigen leiden", so das BMG. Mit einer Art Entwicklungshilfeargument wird hier also dem nationalen Protektionismus gehuldigt. Bei der Bundesapothekervereinigung hat man gegen diese abstruse Argumentation keine Einwände. "Wir sehen keinen Anlass, den Inhalt des Briefs zu kritisieren", heißt es auf Nachfrage.