Wiener Neurowissenschafter haben vor kurzem ein Protein entdeckt, das für die Ausbildung von Nervenfortsätzen und für das Aussehen der Synapsen verantwortlich ist. Septin 7 gibt den Neuronen ihre Form.
Grundelement der Informationsübertragung im Nervensystem ist das Neuron. Es erhält seine Fähigkeiten zur Aufnahme, Verarbeitung und Weiterleitung von Signalen durch elektrische und biochemische Vorgänge. Dabei spielen die Synapsen eine wesentliche Rolle: Sie sind spezielle Kontaktstellen der Nervenzellen, an denen Informationen an andere Zellen weitergeben werden. Synapsen verbinden Neurone miteinander, sie stellen auch den Kontakt zwischen Neuronen, Muskel- oder Drüsenzellen her.
Ein Protein als Nervenmacher
Ein wichtige Frage der Neurowissenschaft ist, wie Synapsen beim Lernen und bei der Ausbildung von Gedächtnisinhalten plastische Veränderungen erfahren können, um auf diese Weise die Speicherung neuer Gedächtnisinhalte zu gewährleisten. Es ist ein Protein, das maßgeblich für die Ausbildung von Nervenfortsätzen und für das Aussehen der Synapsen verantwortlich ist: Septin7. Wissenschafter der Abteilung für Neuronale Zellbiologie am Zentrum für Hirnforschung der Medizinischen Universität Wien identifizierten kürzlich das Eiweiß in seiner Funktion und veröffentlichten ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Current Biology". Univ.-Prof. Dr. Michael Kiebler wies mit seinem Team nach, dass Septin 7 eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Kontaktstellen spielt. Die Funktion des Proteins geht offensichtlich weit über die Aufgabe in der Zytokinese hinaus.
Der Funktion von Septinen auf der Spur
Septin 7 ist eines von 13 Proteinen der Septin-Familie von Säugetieren. Das Molekül wurde ursprünglich in der Hefe (Saccharomyces cerevisiae) gefunden, wo es an der Teilung der Zellen beteiligt ist. Dort etabliert Septin 7 bei der Zellteilung eine Barriere zwischen Mutter- und Tochterzelle. was den molekularen Austausch zwischen beiden Zellen reguliert und eine individuelle molekulare Identität beider Zellen ermöglicht. Entgegen ersten Vermutungen, Septine wären nur in Hefen vorkommende Proteine, wurden sie inzwischen bereits in zahlreichen Organismen gefunden. Man entdeckte sie zunächst in der Fliege und in der Maus, schlussendlich auch in menschlichem Gewebe. Septine finden sich im Gehirn, im Herzgewebe und in Thrombozyten. Manche Proteine aus der Septin-Familie werden besonders stark im Gehirn exprimiert. Analysen zeigten, dass Septin 7 ist eines von ihnen ist, das besonders in Neuronen vorkommt.
Fehlt Septin 7, sehen Nervenzellen anders aus
Dass Nervenzellen Septin 7 produzieren, ist daher nicht neu, unbekannt war bisher jedoch seine Funktion. Da sich Nervenzellen nicht mehr teilen, konnte Septin 7 für eine ähnliche Rolle wie in der Hefe nicht in Frage kommen. Weil aber auf der anderen Seite Proteine der Septin-Familie in nicht oder nicht mehr teilenden Zellen vorkommen, lag die Vermutung nahe, dass Septine neben der Zytokinese noch an anderen Prozessen beteiligt sein könnten. Kiebler wagte einen Versuch: Er schaltete das Gen für die Produktion von Septin 7 mittels RNA-Interferenz aus. Daraufhin war in den behandelten Zellen das Wachstum und die Verästelung der Fortsätze stark reduziert. In der Folge veränderten sich auch die Neurone: Sie sahen anders aus. Diese Ergebnisse waren ein starkes Indiz dafür, dass Septin 7 in Neuronen eine essenzielle Funktion bei diesen wichtigen Prozessen spielt.