Ohne Rezepturen geht es nicht. Für Apothekenleiter sind sie aber ein hoch defizitäres Unterfangen. Laut Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz sollen Fixzuschläge für Standardrezepturen künftig für Ausgleich sorgen. Man löst damit aber kein grundsätzliches Problem.
Auch im letzten Jahr standen patientenindividuelle Zubereitungen hoch im Kurs. Wie das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) jetzt berichtet, verordneten Ärzte GKV-Patienten 7,2 Millionen allgemeine Rezepturen. Die Größenordnung entspricht in etwa Zahlen aus dem Vorjahr. Hinzu kommen mehrere Millionen Spezialrezepturen, etwa für die Krebs- oder die Heroinersatztherapie sowie für die parenterale Ernährung. Dr. Andreas Kiefer, Vorstandsvorsitzender des DAPI und Präsident der Bundesapothekerkammer, bezeichnet Rezepturen deshalb als „notwendige Ergänzung zu industriell hergestellten Arzneimitteln“. Betriebswirtschaftlich sieht die Sache weniger rosig aus.
Gemäß Arzneimittelpreisverordnung erhalten Apotheker für Rezepturen einen Festzuschlag von 90 Prozent auf die Apothekeneinkaufspreise (ohne Umsatzsteuer) für Stoffe und erforderliche Verpackung. Hinzu kommt ein Rezepturzuschlag für die Herstellung. Der Rezepturzuschlag beläuft sich, je nach Art und Menge der Rezepturbestandteile, auf 2,50, 5,00 oder 7,00 Euro und wurde zuletzt im Jahr 2004 angepasst. Dieser Obolus steht in keinem Verhältnis zum Aufwand, falls man Personalkosten anhand eines durchschnittlichen PTA-Tarifgehalts veranschlagt. Apothekenleiter setzten in der Vergangenheit nicht nur auf Defekturen, um effizienter zu arbeiten. Manche Kollegen zentralisierten die Rezepturherstellung in einer Filiale des Verbunds, was laut Apothekenbetriebsordnung eigentlich unzulässig ist. Vereinzelt wurden Rezepturen auch abgelehnt – laut Testkäufen der Bayerischen Landesapothekerkammer schwankte der Wert im Freistaat zwischen neun Prozent (2014) und fünf Prozent (2015).
Aus Sicht des Deutschen Apothekerverbands (DAV) gibt es dennoch einen Lichtblick. Am 9. März hat der Deutsche Bundestag sein Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) verabschiedet. Für Standardrezepturen erhalten Inhaber künftig 8,35 Euro als Fixzuschlag. Ein Minusgeschäft bleiben diese intensiven Tätigkeiten trotzdem. In US-amerikanische Kliniken und Apotheken, setzt man auf sogenannte Compounding Pharmacies, die Rezepturen extern herstellen. Nach einem Hygieneskandal hat die Branche ihre Standards deutlich erhöht. In Deutschland weigern sich Standesvertreter und Politiker, den Schritt in Richtung Outsourcing zu gehen. Bei der letzten Novelle zur Apothekenbetriebsordnung sprachen sie sich klar gegen „Apotheken light“ ohne Rezeptur aus. Aussagen zur Qualität lassen sich kaum treffen. Das hat mehrere Gründe: Ob Kollegen an Ringversuchen des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) teilnehmen oder nicht, entscheiden sie selbst. Proben werden nicht zwangsläufig verblindet aus dem laufenden Betrieb gezogen.