Besuchen Kinder Krabbelgruppen oder einen Kindergarten, bringen sie zum Leidwesen der Eltern eine Infektion nach der anderen mit nach Hause. Diese Infektionen bewahren aber offenbar vor Schlimmerem: Forscher der Universität von Kalifornien fanden heraus, dass frühkindliche Infektionen für ein etwa um 30% reduziertes Leukämierisiko sorgen.
Die Leukämie ist die häufigste Krebsform bei Kindern und betrifft eines von 2.000 Kindern. Über 80 Prozent der Erkrankungen gehen auf das Konto der akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL), deren Erkrankungsgipfel im Alter zwischen zwei und fünf Jahren liegt. Wissenschaftler gehen bei den meisten Typen der kindlichen Leukämie davon aus, dass für die Entwicklung dieser Erkrankungen zunächst eine genetische Mutation bereits im Mutterleib vorliegen muss. Vermutet wird ein zweiter Trigger in der Kindheit, weshalb bei etwa einem Prozent der Kinder mit Mutation die Erkrankung bis zum 15. Lebensjahr auftritt. Bei dem zweiten Trigger könnte es sich um eine Infektion handeln.
Infektionen stärken das Immunsystem
Dass kindliche Infektionen jedoch auch positive Auswirkungen auf das Immunsystem haben und dieses gegen Leukämie wappnen, berichten nun US-Forscher in einer Metaanalyse, die anlässlich der zweiten "Children with Leukaemia Causes and Prevention of Childhood Leukaemia"-Konferenz in London vorgestellt wurde. Erstmals wurde umfassend der Zusammenhang zwischen (früh)kindlichen sozialen Kontakten und Leukämie untersucht. Patricia Buffer der Universität von Kalifornien in Berkeley analysierte dafür 14 Studien mit rund 20.000 Kindern, von denen über 6.000 an Leukämie erkrankt waren, der andere Teil jedoch nicht. Die Eltern waren nach einer Tagesbetreuung in Krabbelgruppen oder Kindergärten sowie nach anderen Formen sozialer Interaktionen ihrer Kinder gefragt worden.
Frühe soziale Kontakte schützen vor Leukämie
In 12 der Studien ließ sich eine protektive Wirkung sozialer Kontakte mit anderen Kindern nachweisen. In 2 Studien gelang dieser Nachweis nicht. Die Analyse zeigte, dass Kinder mit Tagespflege in Kindergärten oder ähnlichen Gruppen ein um etwa 30 Prozent geringeres Risiko für die Entwicklung einer Leukämie aufwiesen als Kinder, die zu Hause betreut werden. Die kombinierten Ergebnisse aus Studien, die eine frühe Betreuung von Kindern im Alter von ein und zwei Jahren untersuchten, ergaben ein ähnlich reduziertes Risiko. Noch eindrucksvoller waren die Ergebnisse, wenn fünf der zugrunde gelegten Studien ausgeschlossen wurden, deren Auswahl gesunder Kinder als Vergleichsgruppe methodologisch nicht optimal war. Kinder mit sozialen Kontakten entwickelten dann zu fast 40 Prozent weniger wahrscheinlich eine Leukämie als jene ohne Kontakte.
Infektionen, Impfungen und Stillen trainieren Immunsystem
In einem weiteren Bericht, der anlässlich derselben Konferenz präsentiert wurde, analysierten Wissenschaftler die Evidenz aus Studien, die einen Zusammenhang zwischen Infektionen und kindlicher Leukämie untersuchten. Überprüft wurde nicht nur die Annahme, dass Infektionen in der frühen Kindheit schützend wirken, sondern auch andere Zusammenhänge, darunter die Rolle von Impfungen.
Hier waren die Ergebnisse allerdings nicht schlüssig, sodass weitere Studien nötig sind. In Fragen, ob frühe Infektionen im Leben vor einer Leukämie schützen, kommen die besten Beweise aus Studien, die indirekte Messungen von Infektionen vornahmen, als auch aus Studien zur Stimulierung des Immunsystems und zur Genetik von Immunantworten, so Studienautorin Adrienne Morgan, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Children with Leukaemia.
Betrachtet man die Ergebnisse der Analysen zusammen, lässt sich jedoch sagen, dass die Tagesbetreuung von Kindern, Stillen und Impfungen für Kinder gut sind, schließt Morgan aus ihren Ergebnissen und der Analyse des Zusammenhangs sozialer Kontakte mit dem Leukämierisiko. Ein weiterer Grund also, warum sich Eltern nicht davon abhalten lassen sollten, ihren Nachwuchs möglicherweise auch schon frühzeitig in Tagespflege zu geben.