Feiern ist in den vergangenen Wochen durch die EM zum Volkssport geworden. So waren auch die diesjährigen Medimeisterschaften in Homburg Schauplatz dieses Massenphänomens. Am Freitagabend wurde der Startschuss für die größte Fußball- und Freiluftparty im Saarland gegeben - EM-Feeling im Miniaturformat.
Von Fern klingt ein Rauschen, wie eine sanfte Meeresbrandung, doch je näher man dem Waldstadion am Rande Homburgs kommt, desto ungestümer das Tosen der anfeuernden Menge. Hunderte schmettern den Mannschaften auf den sieben Spielfeldern im Wechsel Sprechchöre und Hymnen entgegen. Die Trillerpfeifen der Schiedsrichter sind kaum zu hören, stattdessen lauter Gesang aus den Kehlen der Fans, die sich dicht an dicht an den Spielfeldrändern drängen. Die meisten angehenden Ärzte tragen Trikots oder Fan-T-Shirts mit den Namen ihrer Universitäten - ihren Teams.
Rund 1.500 Mediziner erleben die Medimeisterschaften 2008 und ein Wechselbad der Gefühle hautnah. Am Freitagabend ging es mit dem Eintreffen der Teilnehmer und dem Vorstellen der Mannschaften los. Bis in den frühen Morgen haben sich die feierfreudigen Mediziner auf das Turnier am Samstag eingestimmt. Doch wer in ihren Gesichtern nach Müdigkeit sucht, der sucht vergebens.
Auch medizinstudent.de hat mit den zwei Herrenmannschaften und der Damenmannschaft aus Bochum drei Teams an den Start geschickt. Samstag in der Früh erstrahlen die Trikots noch in blütenweiß, knallgelb oder feuerrot auf den Oberkörpern der Spieler. Und der Bekleidung wird sogar etwas Magisches zugesprochen. So küsst mancher Spieler vor jedem Anpfiff das "Mannschaft-Glückstrikot". Die Bochumer setzen auf Taktik-Besprechungen, wobei es schwer fällt, die fußballerische Qualität der gegnerischen Mannschaft einzuordnen. Da muss man sich auf die eigenen Stärken konzentrieren. Taktiktreue? Die hält dann doch nur die ersten Spielminuten, danach ist das Besprochene nur noch eine von zahlreichen spontanen Varianten. Von den Fans wird indes auf die Verunsicherungsstrategie gesetzt. "Der Keeper ist nervös, total nervös! Das spürt man bis hier hin", ereifert sich der Bochumer Maik vom Spielfeldrand aus und hofft auf einen Vorteil seiner Kollegen auf dem Feld. Jetzt muss unabhängig von Taktik und Aufstellung genügend Energie freigesetzt werden... Im Verlauf des Turniers ändert sich nicht nur die Aufstellung der Mannschaften, sondern auch die Einstellung der Spieler. Da wird schon mal zum ein oder anderen Bier als Durstlöscher gegriffen, statt zur isotonischen Apfelschorle, was den Kampfgeist nicht mindert. "Wir wollen euch fighten sehen!", fordert Roman die Mannschaft zum nächsten Spiel auf.
Mehr Turnierfotos findet ihr hier.
Benedikt, Spieler und Fan, lässt seinen Blick über die Menge schweifen. "Wirklich schade, dass ich nicht schon letztes Jahr dabei gewesen bin." Die Gesichter glänzen. Die Sonne sucht sich ihren Weg durch die Wolkendecke und um die Mittagszeit wird es unter dem strahlend blauen Himmel Zeit für einen Generationenwechsel. Im Spiel "Vorklinker gegen Kliniker" treten die Professoren der Uni Homburg gegeneinander an. Vom Spielfeldrand ertönt es: "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an..."
Die Bochumer scheitern leider bereits in der Vorrunde. "Ganz egal. Hauptsache feiern!" Wenn es mit der eigenen Mannschaft nicht klappt, dann konzentriert man sich auf die schwer erkämpften Siege anderer Teilnehmer. Man muss sich halt nur etwas einfallen lassen... Nach diesem Motto handeln auch die Spielerinnen aus Hamburg. Sie setzen mit ihren pinken BHs, die unter den weißen Tops leuchten, ganz klar auf taktische Ablenkungsmanöver.
Das Klima wird rauer und auf den Spielfeldern setzen sich zunehmend altdeutsche Tugenden durch: Man kämpft sich durch die Spiele. Angeführt von einer überragenden Mannschaft fegen die "Homburger Jungs" im Verlauf des Tages einen Gegner nach dem anderen vom Platz und treten im Finale dem Team der Uni Ulm gegenüber. Mit dem Lied "Finale, oh ho..." auf den Lippen ziehen die Anhänger beider Mannschaften durch die Stadionanlage. Bei den Mädels setzt sich das Team aus Leipzig durch. Aber was bedeutet hier schon die Herkunft: Die gelb blauen Trikots der Gewinnerinnen assoziiert die Fankurve mit ganz andern Gefilden als Leipzig und verlangen nach dem Spiel "die Schweden" zu sehen. Bei den Männern lassen die Ulmer die Homburger Fans und Mannschaft zu Beginn des Finales noch einmal kräftig zittern. Flitzer stürmen das Spielfeld und ein Jubelschrei geht durch das Waldstadion, der zum Orkan anschwillt.
Letzten Endes können die "Homburger-Jungs" ihren Erfolg zum dritten Mal in Folge versilbern und mit dem Sieg über Ulm ihren Ruf als Turniermannschaft wieder einmal untermauern. Nach dem Schlusspfiff gibt es kein Halten mehr. Alles stürmt den Rasen. Anhänger anderer Universitäten stimmten in die Siegeslieder mit ein. Ein Meer von Fahnen und Jubelrufen. Auf der Tribüne werden Bengalische Feuer gezündet. Auch die Ulmer applaudieren und singen als faire Verlierer.
"Jetzt feiere ich die ganze Nacht. Geschlafen wird am Sonntag auf der Rückfahrt." Diese Ansicht teilt Lorenz mit hunderten anderen Teilnehmern, die nach dem Finale noch etwas erleben wollen. Und tatsächlich der Stimmungs-Höhepunkt wird zu später Stunde erreicht, als mit einer grandiosen Party am Samstagabend der Turnierabschnitt der Medimeisterschaften abgeschlossen wird.
Das Entscheidende an diesem Turnier stimmte am Ende allemal: das Erlebnis. Wir sind gespannt, was nächstes Jahr in der Wundertüte namens "Medimeisterschaften" steckt. Geht es nach den vergangenen Turnieren, darf man ein grandioses Wochenende erwarten.