Die Untersuchung eines Patienten beginnt lange, bevor er das erste Wort gesagt hat. Neben Optik achten Ärzte auch auf Geruch. Der kann die Diagnose in vielen Fällen vereinfachen. Aktuell wird eine „elektronische Nase“ entwickelt, um diese Informationsquelle optimal zu nutzen.
Ohne dass Patienten es merken, kommunizieren sie auch über chemische Moleküle: Die geben Informationen an den Geruchssinn weiter, sodass sich bei manchen Erkrankungen das Profil der abgegebenen Duftstoffe ändert. Vor allem in der nonverbalen Arzt-Patienten-Kommunikation werden solche Prozesse interessant. Duftstoffe können unbewusst wahrgenommenen werden und haben Einfluss auf unser Hormonsystem. Androsteron, ein Duftstoff aus den Schweißdrüsen von Männern, hat beispielsweise Auswirkungen auf den Menstruationszyklus der Frau. Andersherum können Pheromone der Frau die Herz- und Atemfrequenz von Männern modulieren. Relevant für ärztliche Untersuchungen sind Duftstoffe, die man bewusst als Geruch wahrnimmt. Auf diese ausgesendeten Duftstoffe, die durch Produktion bestimmter Stoffwechselprodukte entstehen, greift man auch bei der Diagnose von Krankheiten zurück. Ungewohnte Düfte in Atem, Schweiß und Urin können Frühwarnzeichen einzelner Erkrankungen sein.
Zur Diagnose von Asthma wird Stickstoffmonoxid im Atem gemessen. Eine erhöhte Konzentration des Gases weist auf eine Entzündung der Lunge hin. Ein beißender Ammoniakgeruch hingegen kann auf Leberprobleme aufmerksam machen. Eigentlich wird Ammoniak von der Leber direkt in Harnstoff umgewandelt. Durch eine Dysfunktion des Organs kann es dieser Funktion nicht mehr nachkommen. Dadurch gelangt Ammoniak in das Blut und der Körper versucht es abzuatmen. Auch Krankheiten wie Parkinson und Diabetes können über Gerüche früh erkannt werden. Bei Parkinson verändert sich das Sebum, eine ölige Substanz auf der Haut, die dann zu einem spezifischen Geruch führt. Der Atem von Patienten mit Diabetes riecht nach Nagellackentferner und wird zudem als nach faulen Äpfeln riechend beschrieben. Aufgrund von Insulinresistenz oder Insulinmangel, wird Fett statt Glukose als Energiequelle genutzt. Bei der Fettverbrennung entstehen als Nebenprodukt Ketonkörper wie Aceton, die auch in Nagellackentferner enthalten sind. Auch Krebs hat einen charakteristischen Geruch, der von krankhaft veränderten Zellen freigesetzt wird.
Zum Teil werden speziell abgerichtete Hunde genutzt, um Krankheiten zu erschnüffeln, da die Nase des Menschen nicht für die Wahrnehmung dieser feinen Gerüche ausreicht. Ausgebildete Krebshunde können in 99 Prozent der Fälle Lungenkrebs und in 88 Prozent der Fälle Brustkrebs erschnüffeln. Ein Team aus Israel entwickelt gerade eine elektronische Nase, die am Geruch bzw. der Zusammensetzung des Atems Krankheiten diagnostizieren kann. Jede Erkrankung hat demnach einen charakteristischen „breathprint“ und kann über die elektronische Nase identifiziert werden. Diese könnte von Ärzten in der Zukunft bei der Diagnose von Krankheiten unterstützend hinzugezogen werden.