Jeder vierte Mann und jede fünfte Frau ist von einem Schlaganfall betroffen. In 85 Prozent der Fälle ist die Erkrankung Folge eines Thrombus. Mit der Thrombolyse können 60 Prozent aller Verschlüsse wiedereröffnet werden. Diabetiker haben jedoch eine ungünstigere Prognose.
Alle zwei Minuten erleidet in Deutschland ein Mensch einen Schlaganfall. Der Schlaganfall ist in den westlichen Industrieländern nicht nur die dritthäufigste Todesursache, sondern auch jene Erkrankung, die am häufigsten zur dauerhaften Invalidität führt. Der Verschluss einer Hirnarterie vermindert die Durchblutung des Gehirns innerhalb kurzer Zeit kritisch und führt so zum irreversiblen Untergang von Nervengewebe. Im Schlaganfallmanagement hat sich die intravenöse Thrombolyse als Behandlung der ersten Wahl entwickelt, wenn die ersten Symptome nicht länger als 3 Stunden zurückliegen. Diese wird mit rekombinantem Gewebsthromboplastinaktivator (rTPA) als intravenöse Behandlung durchgeführt. Empfohlen wird eine Dosis von 0,9 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, die Höchstmenge darf 90 Milligramm nicht überschreiten. 10 Prozent werden als Bolus gegeben, der Rest als Infusion über eine Stunde. Je schneller die Betroffenen einer Thrombolysetherapie unterzogen werden, umso besser.
Neue Studie belegt: Thrombolyse wirkt
Neue Daten von Innsbrucker Neurologen und Radiologen zeigen, welche Faktoren dabei für den Therapieerfolg entscheidend sind. Bei über 60 Prozent der Patienten kann das verschlossene Hirngefäß wiedereröffnet werden. Die neurovaskuläre Arbeitsgruppe an der Universitätsklinik für Neurologie hat gemeinsam mit der Klinischen Abteilung für Radiologie II in einer im Fachjournal "Neurology" publizierten Studie 100 Schlaganfallpatienten untersucht, die mit rTPA lysiert worden waren. Es wurde überprüft, ob der Gefäßverschluss durch die Therapie beseitigt werden konnte und welches klinische Ergebnis drei Monate nach der Rekanalisation zu beobachten war. Die Therapie wurde durch verschiedene bildgebende Methoden vor und 24 Stunden nach der Lyse beurteilt. Die Untersuchungsreihe war die größte ihrer Art von nicht-selektionierten Lysepatienten.
Diabetiker sind schlechter dran
In der Datenauswertung der verschiedenen Patientengruppen trat vor allem ein hochsignifikantes Ergebnis zutage: Während die durchschnittliche Rekanalisationsrate, vollständige und teilweise Wiedereröffnung der Gefäße zusammengerechnet, mit 66 Prozent hoch war, konnte nur bei 9 Prozent aller Diabetes mellitus-Patienten eine Wiedereröffnung des Gefäßverschlusses erzielt werden. Zuckerkranke Patienten haben ungünstigere Ergebnisse. Diese spiegeln offenbar deren gestörtes Gerinnungssystem wieder, in dem eine Vielzahl gerinnungsfördernder Faktoren hochreguliert wird. "Wir vermuten, dass hohe Spiegel von Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1 (PAI-1) eine Rolle spielen, da dieses Molekül die Wirkung von rTPA direkt aufhebt", erklärt Neurologe Dr. Martin Furtner. "In früheren Lysestudien bei Herzinfarktpatienten konnten hohe PAI-1 Spiegel bei Diabetikern bereits als ursächlich für ein schlechtes Ansprechen nachgewiesen werden." Weil 20 bis 30 Prozent aller Schlaganfallpatienten an Diabetes mellitus leiden, ruht die Hoffnung auf der Entwicklung neuartiger, plasminogen-unabhängiger Lysemedikamente. In internationalen Studien wird bereits mit Hochdruck an der Implementierung solcher Substanzen gearbeitet.
Lyse bringt bessere Langzeitergebnisse
Die Innsbrucker Forscher konnten auch zeigen, dass die Rekanalisation der stärkste Prädiktor für ein günstiges Ergebnis nach 90 Tagen ist. Patienten, deren Hirngefäße wieder durchgängig gemacht werden konnten, führten ihr Leben zumeist wieder selbstständig. Leichtere Schlaganfälle, sowie jüngere Patienten und jene, die frühzeitig zur Therapie kamen, sind hinsichtlich des Langzeitergebnisses begünstigt. Längere Gefäßverschlüsse, die bereits auf Höhe der Halsschlagader beginnen, zeigen ein wesentlich schlechteres Ansprechen auf die Thrombolysetherapie und daher auch weniger gute Langzeitergebnisse.