Dass wir alle eines Tages sterben müssen, steht unumstößlich fest. Allein der Zeitpunkt bleibt offen. Epidemiologen ist es nun gelungen, zehn „Hotspots“ in unseren Genen zu finden: Diese weisen auf ein erhöhtes Risiko hin, innerhalb der nächsten 14 Jahre zu sterben.
Der Mensch verfügt über schätzungsweise 23.000 Gene. Die sind natürlich nicht alle zu jeder Zeit in jedem von uns aktiv. Nein, der Körper ist in der Lage, je nach Programm und gegenwärtiger Umweltlage die Gene an- und auszuschalten. Man spricht in diesem Zusammenhang von „das Genom kontrollierenden (epigenetischen) Faktoren“. Aus der Krebsforschung wissen wir heute bereits, dass Fehler beim An- und Ausschalten für die Krebsentstehung oder auch bei autoimmunen Krankheiten eine Rolle spielen. Der Körper bedient sich zum Abschalten von Genen eines einfachen Prinzips: Das Gen wird mit einem großen Vorhängeschloss versiegelt. Ein solches Schloss ist chemisch betrachtet beispielsweise eine Methylgruppe. Was bisher aber unklar bleibt: Was sagt der Methylierungsgrad unseres Genoms über unsere Gesundheit – oder sogar über unsere Sterblichkeit – aus?
Interessant ist, dass die Forscher für ihre aktuelle Studie mehr als 500.000 Genpositionen auf deren Aktivität untersuchten. Nur 58 von ihnen standen allerdings statistisch mit der Sterblichkeit des Menschen in Verbindung, bei zehn dieser Orte im Genom war der Zusammenhang sogar erschlagend deutlich. Studienteilnehmer, die in fünf oder mehr der zehn Genorte das chemische Vorhängeschloss in Form einer Methylgruppe trugen, hatten ein etwa siebenfach erhöhtes Risiko, innerhalb der nächsten 14 Jahre an Tumoren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder anderem zu versterben. Erfreulicherweise sind diese Vorhängeschlösser aber nicht auf ewig da, sondern können durch positive Lebensstilveränderungen sehr leicht wieder entfernt werden. „Besonders eindrucksvoll ist dieser Zusammenhang beim Rauchen“, so die Forscher weiter. Rauchen hinterlässt die stärksten epigenetischen Spuren in unseren Genen. Doch wer es schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, der kann Vorhängeschlösser abbauen und möglicherweise sogar seine Lebenszeit wieder verlängern.
Ganz ähnlich wie beim Punktesammeln für die Verkehrssünder-Datei in Flensburg hat jeder Mensch etwa zehn Stellen in seinem Genom, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Lebensweise mit Methylierungen versehen werden können. Bei fünf oder mehr „Schlössern“ steigt das Sterblichkeitsrisiko im kommenden Jahrzehnt um das Siebenfache an. Das Rauchen ist und bleibt dabei der wohl schwerwiegendste „Verkehrsverstoß“, der sich schließlich auch lebenszeitverkürzend auswirkt. Allerdings führt der Rauchverzicht dazu, dass je nach vergangener Zeit Strafpunkte auch wieder abgebaut werden können. Das bedeutet, dass Stellen im Genom frei werden und das Sterblichkeitsrisiko sinken mag.
Was die Studie indes bisher nicht verrät, wie wir über den Rauchverzicht hinaus noch weiter Methylierungen an diesen zehn Genorten abbauen können. Zukünftige Studien sollten daher auch die Ernährung, den Bewegungsmangel und all die anderen kleinen und großen Sünden des Lebens unter die Lupe nehmen. Originalpublikation: DNA methylation signatures in peripheral blood strongly predict all-cause mortality. Yan Zhang et al., Nature Communications, doi: 10.1038/ncomms14617; 2017