Deutsche Forscher attackieren das maligne Melanom jetzt mittels eines Designermoleküls mit Doppelwirkung. Sein virusähnlicher Aufbau bringt nicht nur das Immunsystem auf Touren - es treibt Krebszellen durch Abschalten von Genen gezielt in den Tod.
Das Melanom der Haut hat nach Metastasierung eine schlechte Prognose. Chemo- und Radiotherapie erwiesen sich bislang als wenig wirksam. Die Erkrankungszahlen haben sich innerhalb eines Jahrzehnts annähernd verdoppelt. Etwa 22.000 Neuerkrankungen sind allein Deutschland jährlich zu verzeichnen: Ursache ist ein oft all zu unbekümmertes Freizeitverhalten, und bei vielen steht braune Haut noch immer für Vitalität und Jugend. Die Haut dankt das mit vorzeitiger Alterung und einem erhöhten Risiko für die Bildung von Hautkrebs. Die Entwicklung eines Melanoms trifft immer mehr und immer jüngere Patienten. Besonders gefährdet sind Personen mit zahlreichen Muttermalen, hellem Hauttyp und blonden Haaren.
Angriff von zwei Seiten
Eine neue Kampfstrategie gegen das Melanom entwickelte nun ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Bonn. Sie erschufen ein Molekül, das die Krebszellen dabei gleich von zwei Seiten angreift. Zum einen ähnelt es Bestandteilen von Viren, was das Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzt. Zum anderen ist es in der Lage, ein bestimmtes Gen in Tumorzellen abzuschalten, was die Zellen in den Selbstmord treibt, heißt es in der Onlinepublikation der Fachzeitschrift Nature Medicine.
Dafür machten sich die Forscher um den Bonner Professor Thomas Tüting neueste Erkenntnisse aus der Biologie zunutze. Sie benutzten RNA, die mit DNA eng verwandt ist. RNA kann als Schalter fungieren, der bestimmte Gene an- oder abschaltet. Diese so genannte RNA-Interferenz wurde gegen ein in Tumorzellen aktives Gen eingesetzt, dass die Apoptose unterdrückt. Das gezielte Abschalten dieses Gens ließ die Tumorzellen sterben. Die Virus-RNA-Fragmente im Wirkstoff sorgen dafür, dass der Körper diese erkennt und als viralen Angriff deutet. Dieser Trick aktiviert das Immunsystem, sodass er aggressiver gegen die Tumorzellen vorgeht. Wie das Immunsystem schädliche von unschädlicher RNA unterscheiden kann, ist dabei erst seit kurzem bekannt. Erst vor zwei Jahren war des Prof. Gunther Hartmann, Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Pharmokologie der Universität Bonn, gelungen, die strukturelle Basis dafür zu klären (Science 2006; 314: 994-997).
Metastasen zum Schwinden gebracht
Eine Metastasierung des Melanoms verschlechtert die Prognose bislang gewaltig, weshalb die frühe Erkennung veränderter Muttermale entscheidend ist, damit diese entfernt werden können. Die Bonner Forscher konnten im Tierversuch allerdings zeigen, dass ihr Wirkstoff auch in späten Erkrankungsstadien wirksam ist. Tochtergeschwülste in der Lunge von Mäusen verkleinerten sich oder verschwanden ganz. Trotz des Charmes der neuen Methode wird der Optimismus durch den Umstand getrübt, dass der Weg bis zu einer möglichen klinischen Erprobung des Wirkstoffs sehr lang ist. Unklar ist auch, ob das Molekül überhaupt am Menschen wirksam ist. Dennoch besteht Hoffnung darauf, einen viel versprechenden Ansatz gefunden zu haben und sich der Wirkstoff auch an andere Krebsarten anpassen lässt.
Am besten: Vorsorge!
Einig sind sich wahrscheinlich alle darin, dass Maßnahmen zur Prävention des Melanoms am besten geeignet sind, um vor den verheerenden Auswirkungen der Krankheit zu schützen. Deshalb erstatten die Krankenkassen seit 1. Juli für Personen ab dem 35. Lebensjahr eine Ganzkörperhautuntersuchung in zweijährigem Abstand. Das Screening dürfen nicht nur Dermatologen, sondern auch geschulte Hausärzte durchführen. Diese müssen den Nachweis einer von der Kassenärztlichen Vereinigung anerkannten achtsündigen Fortbildung erbringen. Das Interesse der Hautärzte ist groß. Bis Jahresende werden sich voraussichtlich laut Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP) zwei Drittel aller Hausärzte qualifiziert haben. Motivierend für Hausärzte wirkt besonders die große Nachfrage von Patienten. Demnach wollen 80 Prozent der GKV-Versicherten am Screening teilnehmen.
Ob sich das Screening durch Hausärzte bewährt, bleibt abzuwarten. Sie sollen per Augenschein und ohne Hilfsmittel entscheiden, welcher Fleck am Körper verdächtig ist oder nicht. Begutachtet wird jeder Fleck vom Scheitel bis zur Sohle. Erst bei Verdacht auf eine Veränderung folgt die Überweisung zum Facharzt.