Welche Bedeutung haben Apotheken in dünn besiedelten Gebieten? Vom Status, unersetzlich zu sein, kann kein Pharmazeut leben. In einer neuen Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) befragte man Apothekenleiter und Ärzte und erhielt wegweisende Antworten.
„In Zeiten einer zunehmenden Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft und dem Aufkommen neuer Geschäftsmodelle wie Versandapotheken stellt sich die Frage, welchen Stellenwert Präsenzapotheken im Allgemeinen und ein flächendeckendes Apothekennetz heute und zukünftig einnehmen sollen“, sagt Dr. Markus Preißner. Er ist wissenschaftlicher Leiter des IFH Köln. In welchen Bereichen können Apotheken punkten? Zusammen mit Kollegen hat Preißner mehr als 1.600 Apothekenleiter und 300 Ärzte um ihre Einschätzung gebeten.
Auf die Frage, wie oft Mitglieder des Praxisteams Kontakt zur Apotheke vor Ort hätten, kreuzten 38,7 Prozent „mehrmals täglich“ und 26,3 Prozent „täglich“ an. Mehrmals wöchentlich waren es 7,0 Prozent und mehrmals pro Monat 1,3 Prozent. Zum Vergleich: 68,0 Prozent gaben an, noch nie mit ausländischen Versandapotheken in Kontakt getreten zu sein, und 27,3 Prozent gaben „selten“ (nicht näher quantifiziert) an. Regelmäßige Kontakte, sprich täglich bis einmal pro Woche, rangierten an der Ein-Prozent-Schwelle.
Die nächste Frage befasste sich mit Nacht- und Notdiensten. Inhaber, deren Betriebsstätte in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern liegt, hatten im Schnitt 2,8 Dienste pro Monat. Sie versorgten im gleichen Zeitraum während ihrer Bereitschaft 27 Patienten. Als Nettoumsatz gaben sie pro Dienst 185 Euro an. Zum Vergleich: In Städten mit mehr als 100.000 Menschen waren es 1,2 Nacht- oder Notdienste und 45 Kunden. Hier lag der Nettoumsatz bei 437 Euro. Nahezu unabhängig von der Lage gaben Apotheker in 60 bis 65 Prozent aller rezeptpflichtige Arzneimittel ab. Der OTC-Anteil schwankte zwischen 30 und 34 Prozent.
Je kleiner der Ort, desto mehr Menschen werden per Botendienst versorgt. Pro Jahr lag die Patientenzahl in Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern bei rund 198. Kollegen aus Städten mit mehr als 100.000 Bürgern belieferten im gleichen Zeitraum 135 Kunden. Je kleiner der Ort und je größer die Entfernung zur nächsten Präsenzapotheke ist, desto mehr Kunden nutzen auch den Botendienst. Auch bei der Versorgung von Heimen und Pflegezentren ist ein deutlicher Unterschied zu vermerken: In dünn besiedelten Regionen wurden diese Einrichtungen von 62 Prozent aller Kollegen versorgt, in Ballungszentren waren es nur 39 Prozent.
„Ländliche Apotheken sind besonders versorgungsrelevant – doch nur zwei von zehn Landapotheken erwirtschaften mehr als zwei Millionen Euro Nettoumsatz“, schreiben IFH-Experten als Fazit. „Entsprechend sind auch die (ökonomischen) Rahmenbedingungen der Präsenzapotheken im Allgemeinen und der Landapotheken im Speziellen so zu gestalten, dass eine rentable Apothekenführung ermöglicht wird.“