Glanz, Glamour und Neuroradiologie – Benjamin Abels, Medizinstudent im 9. Semester an der Uni Erlangen – Nürnberg, erzählt uns von seiner Famulatur bei den „Schönen und Reichen“ in Los Angeles.
DC Campus: Benjamin, wie kommst du darauf, in L.A. zu famulieren?
Benjamin: L.A. ist nunmal eine sehr schöne Stadt und das UCLA Medical Center, in dem ich meine Famulatur absolvieren durfte, zählt zu den besten Krankenhäusern der USA. Der UCLA Campus ist schön angelegt und liegt in Westwood, wo es tolle Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Snackbars gibt. Man ist außerdem nicht weit von Bel Air, beim Joggen kommt man durch wunderbare Villenviertel, mit dem Bus ist man schnell in Beverly Hills, am Sunset Strip, West Hollywood oder nach 20 bis 30 Minuten in Santa Monica am Strand…das sind schon einige gute Gründe, sich ausgerechnet L.A. auzusuchen…
DC Campus: Welche Vorbereitungen musstest du vor der Abreise treffen?
Benjamin: Einige! Eine Auslandsfamulatur vorzubereiten ist im Grunde genauso aufwendig, wie ein PJ-Tertial im Ausland zu planen. Ohne direkte Kontakte muss man lange im Internet nach Adressen von Ärzten oder sonstigen anderen Ansprechpartnern recherchieren und eine Menge Mails schreiben, bis sich endlich etwas ergibt (oder auch nicht…). Eigentlich erwarten alle Krankenhäuser in den USA, dass man wenn man ein „elective medical clerkship/clinical observership“ (= Wahlfamulatur) absolvieren will, bereits im letzten Jahr ist. Ich hatte in dem Fall das Glück, dass mein Doktorvater Beziehungen zur UCLA hat, so dass ich keine Schwierigkeiten hatte, hier trotzdem angenommen zu werden.
Ich musste vorweisen, dass ich gegen MMR geimpft bin und kein TBC habe. Außerdem muss man einen Brief von der deutschen Uni mitbringen, der bestätigt, dass man im Ausland krankenversichert ist und dass die deutsche Uni oder man selbst alle Kosten trägt. Für die amerikanische Uni/-Klinik dürfen keinesfalls Kosten anfallen.
DC Campus: Wie hast du deine Wohnung gesucht?
Benjamin: Das schwierigste war, eine passende Unterkunft zu finden, die erstens genau für den Zeitraum verfügbar, zweitens in Krankenhausnähe (LA ist riesig!) und drittens bezahlbar ist! Ich habe mehrere Wochen lang auf verschiedenen Internetseiten Leute angeschrieben, die „sublets“ (Untermiete) anbieten, und selbst dreimal eine kostenlose Annonce bei „Craigslist“ aufgegeben, bis ich eine Zusage bekommen habe. In den USA ist es üblich, als Student in WGs zu leben, bei denen man sich den „Bedroom“ mit Schrank und Tisch mit einem anderen „Roommate“ teilt. Ich habe einen „Shared room“ in einem Apartment für vier Leute (mit Wohnzimmer und Küche) für 650$, plus Nebenkosten bekommen. Ein ausgesprochen guter Preis, wenn man nicht meilenweit wegwohnen und sich zusätzlich ein Mietauto nehmen will! Für einen „Private room“ müsste man da schon mit etwa 1200$ rechnen.
DC Campus: Wie hast du das Problem mit dem Visum gelöst?
Benjamin: In meinem Fall wurde vom UCLA Medical Center nicht explizit ein Visum verlangt. Da ich im Anschluss an meine einmonatige Famulatur noch einen Monat rumgereist bin und insgesamt weniger als 90 Tage weg war, habe ich mich entschlossen, mich bei meiner Einreise in die USA als „Visitor“ (oder „for vacation“) auszugeben. Von der Famulatur habe ich einfach nichts erwähnt. So war es am einfachsten. Für den Fall, dass man es komplizierter aber korrekter machen will, gibt es eine Ausnahmeregelung, die es deutschen Medizinstudenten offiziell gestattet, ein „Medical Elective Clerkship“ zu machen und im Rahmen des „Visa-Waiver-Programs“ unter „business“ statt „visitor“ für maximal 90 Tage einzureisen. Am sichersten ist es natürlich, schon weit im Voraus ein Visum zu beantragen, was aber recht viel kostet und bei weniger als 90 Tage Aufenthalt eigentlich nicht nötig ist.
DC Campus: Wie hast du den Aufenthalt finanziert?
Benjamin: Die USA sind teuer. Die Wohnungspreise in Westwood sind deutlich über deutschem Niveau. Auch die Lebenshaltungskosten sind weitaus teurer. In meinem Fall haben meine Eltern den größten Teil der Kosten übernommen.
DC Campus: Welche Versicherungen musstest du abschließen?
Benjamin: Es ist unbedingt erforderlich, eine Auslandskrankenversicherung zu haben. Ich habe daher extra eine abgeschlossen, die nicht nur (wie die meisten Auslands-/Reiseversicherungen) für maximal 50 Tage und nur für Urlauber gilt, sondern das ein Praktikum im Ausland über einen längeren Zeitraum mit abdeckt. Bei den Kosten tut sich da nich viel. Haftpflicht,- und „Malpractice“- Versicherung hatte ich schon vorher abgeschlossen, die können alle Medizinstudenten kostenlos bekommen.
DC Campus: In L.A. angekommen, wie war dein Eindruck?
Benjamin: Ich war bereits zum dritten Mal in der Stadt. Meine Eindrücke sind sehr geteilt, je nachdem, in welche Viertel man sich begibt. Bel Air, Beverly Hills und Santa Monica sind sicherlich traumhaft. Westwood, die Gegend um den UCLA Campus, ist ganz in Ordnung. Dagegen sollte man Gebiete von Hollywood und Down Town vor allem nachts eher meiden. Leider ist man ohne Auto hier was die Mobilität anbelangt stark eingeschränkt, da die öffentlichen Verkehrsmittel unzureichend und die Distanzen enorm sind. Man sollte wirklich davon absehen, zu Fuß in den sozialen Brennpunkten unterwegs zu sein.
DC Campus: Wie teuer ist das Leben?
Benjamin: Die USA sind wie gesagt ein teures Pflaster. Ich habe versucht, einigermaßen sparsam zu leben. In der Regel habe ich immer bei „Ralphs“, dem nahegelegenen großen Supermarkt, eingekauft und mir abends selbst im Apartment etwas zu essen gemacht. Die Lebensmittelpreise sind sehr hoch, es ist nur dann günstig wen mann in Massen einkauft („take 5 and get 2 for free“). Oftmals wird man auch zum amerikanisches Fastfood (IN-N-Out, Pizzahut, Burger King, usw.) verleitet, das etwas billiger als in Deutschland ist. Zusätzlich fielen bei mir mittags täglich 6.70$ in der Krankenhauskantine an. Und dann will man ja schließlich auch noch bei dem günstigen Dollarkurs ein paar Klamotten einkaufen…
DC Campus: Wo lag das Krankenhaus? Wie groß war es?
Benjamin: Das UCLA Ronald Reagan Medical Center liegt am UCLA Campus in Westwood, das ist nicht weit von Bel Air und Beverly Hills, eine ganz nette Gegend. Das Krankenhaus ist ganz neu erbaut, es ist erst drei Monate alt, fasst etwa 500 Betten und belegt nach John Hopkins und Mayo Clinic den 3. Platz des „America’s best hospitals“- Rankings.
DC Campus: In welchem Bereich hast du gearbeitet? Was durftest/musstest du tun?
Benjamin: Ich habe meine Famulatur auf der Neuroradiologie verbracht. Die meiste Zeit habe ich einfach im „Neuro Reading Room“, wo die MRTs ausgewertet werden, neben den Radiologen gesessen und ihren Tagesablauf verfolgt, ihre ganzen Fälle mit angeschaut, zugehört, den Diskussionen gelauscht, Fragen gestellt… Die meisten Ärzte haben mir viel erklärt. Ich konnte außerdem zu „Conferences“, „Tumor Board“, „Lectures“, „Brain Cutting Demonstrations“ usw. mitgehen. Tatsächlich selber arbeiten musste ich eigentlich nicht, es wurde nichts von mir erwartet. Ich habe aber trotzdem nebenbei „Perfusion CT research“ betrieben. Auf dem Gebiet der Perfusion CT zur Schlaganfall-Diagnostik, habe ich einige Vergleiche zwischen der dort verwendeten Software und der in Erlangen verwendeten Software durchgeführt und konnte dabei einige neue Erkenntnisse gewinnen, die sogar dem Chief der Neuroradiologie gut gefallen haben! Diese Erkenntnisse werde ich in meiner Doktorarbeit weiterverwerten.
DC Campus: Wie hast du die Stimmung der Leute im Krankenhaus und außerhalb erlebt?
Benjamin: Insgesamt habe ich mich ganz wohl gefühlt. Sowohl in der Klinik als auch außerhalb waren alle sehr freundlich. Man muss sich nicht überlegen, ob man die Leute mit du oder Sie anspricht, man spricht sich in der Klinik mit dem Vornamen an. Man ist offener, lockerer, kommt schnell mit Leuten ins Gespräch, wenn auch meist nur recht oberflächlich und nicht wirklich persönlich. Mitunter war das etwas, was ich schade fand. Das Arbeitsklima ist entspannt, allerdings auch etwas kompetitiver als hierzulande; die Assistenzärzte müssen Engagement und Leistung bringen, um nicht schlechter dazustehen als ihre Kollegen.
DC Campus: Gab es sprachliche Hürden zu überwinden?
Benjamin: Sprachlich gab es praktisch keinerlei Schwierigkeiten im Krankenhaus. Ich denke mal, im „Emergency department“ oder auf Station ist es vielleicht etwas schwieriger, sich einzugewöhnen. In der Radiologie war es aber gut möglich, schnell reinzukommen. Die anatomischen Begriffe sind alle etwas „verenglischt“, aber man weiß schon was gemeint ist…
DC Campus: Was hat dich im Krankenhausalltag am meisten erstaunt?
Benjamin: Ziemlich bizarr ist, dass die diagnostischen Radiologen praktisch keinen Kontakt mit den Patienten haben. Die Scanner stehen in anderen Räumen weit entfernt vom Patienten. So sieht man nicht mal, wer gerade durchleuchtet wird. Nadeln legen und derartige Aufgaben, wie man sie in Deutschland gewohnt ist, müssen die Ärzte und Famulanten hier auch nicht übernehemen.
DC Campus: Was hast du alles vom Land erkundet?
Benjamin: Während meiner Famulatur habe ich alle prominenten und namhaften Orte in der Gegend besucht: Sunset Blvd., St. Monica, Venice Beach, Bel Air, Beverly Hills, West Hollywood und Hollywood. Die luxuriösen Villen und Limousinen in und um L.A. haben mich schon ziemlich umgehauen. Nicht zu vergessen ist der großartige Strand! Danach habe ich noch einen Monat Urlaub gemacht. Ein Roadtrip durch den Südwesten der USA. Californien (Palm Springs, Joshua Tree National Park), Arizona (Organ Pipe National Monument, Saguaro NP, Petrified Forest, Canyon de Chelly, Grand Canyon, Route 66), Utha (Monument Valley) und Nevada (Las Vegas, Death Valley). Es war wunderschön!
DC Campus: Als Fazit, würdest du L.A. nochmal wählen?
Benjamin: Ja, es hat sich auf jeden Fall gelohnt! Die Amerikaner legen sehr viel Wert auf eine gute Lehre und nehmen sich viel Zeit zum Erklären. Ich habe dadurch fachlich deutlich mehr profitiert als bei Famulaturen in Deutschland. Die Organisation, das Orientieren und sich Durchschlagen in einem anderen Land, der Kontakt zu den Leuten dort, alles was mit einem Aufenthalt im Ausland verbunden ist, bereichert in jedem Fall.
DC Campus: Was würdest du anders machen?
Benjamin: Sein Apartment in unmittelbarer Nähe zu haben, war sehr gut und ist unbedingt zu empfehlen. Ein Auto wäre trotzdem toll gewesen, um Abends oder am Wochenende mal noch ein bisschen wegfahren zu können. Das hätte mein Budget allerdings gesprengt.
DC Campus: Welchen Rat würdest du denen geben, die es dir nachmachen wollen?
Benjamin: Ich kann eine Famulatur in den USA nur weiterempfehlen! Bei den namhaften Kliniken ist es allerdings mitunter schwierig und teuer (viele verlangen Gebühren), eine Famulatur zu bekommen, vor allem wenn man noch nicht im letzten Jahr ist. Daher empfiehlt es sich auf jeden Fall so viel wie möglich herumzufragen ob jemand für dich irgendwie einen persönlichen Kontakt über Freunde, Mitstudenten oder bekannte Ärzte in die USA herstellen kann. Vitamin B ist alles! Außerdem sollte man ausreichend Zeit für die Suche nach Unterkunft im Internet einplanen (craigslist!) und auch den Flug am besten frühzeitig (am günstigsten über Preisvergleich im Internet) buchen!