Sieben von zehn Medizinstudenten können sich vorstellen, nach dem Studium einmal Deutschland zu verlassen und im Ausland zu arbeiten. Du auch? DocCheck hat nachgefragt.
Der betreffende Artikel „Nach dem Abschluss ab ins Ausland“ auf ZEIT-Campus bezieht sich auf eine Umfrage unter 4.000 deutschen Medizinern. Die häufigsten Gründe dieser Bereitschaft: Budgetierung im Gesundheitswesen, schlechte Bezahlung und zu lange Arbeitszeiten. Wie sehen unsere Interviewpartner das Thema?
„Auch woanders ist Arztsein stressig.“
Raphael (24), LMU München:
„Meine Freundin studiert Jura in Innsbruck und kennt dort etliche Mediziner. Im Gespräch mit denen stelle ich jedoch fest, dass mein Jammern über die deutschen Zustände teilweise unberechtigt ist: Medizinstudium und Arztsein sind nun mal arbeitsaufwändige Lebensweisen, egal, ob man in Wuppertal, Wien oder Washington ein Herzkatheter durchführt. Der Gedanke, mit Auswandern gleich allen Stress hinter sich zu lassen, ist zu verführerisch – und falsch. Gewiss werden Ärzte in Deutschland übers Maß beansprucht, und gewiss ist das in vielen vergleichbaren Staaten anders. Doch gegenüber allzu toll klingenden Versprechungen bin ich skeptisch.
Außerdem würde ich gegen nichts in der Welt die Berge und Seen tauschen, mit denen ich aufgewachsen bin: Bayern ist einfach schön, München sowieso. Auswandern würde ich also höchstens nach Österreich, worüber meine Freundin und ich uns ohnehin regelmäßig Gedanken machen – bisher noch ohne Ergebnis. Aber das hat ja noch Zeit.“
„Norwegisch ist eigentlich ganz leicht.“
Anna-Lena (22), Uni Münster:
„Ob ich letztendlich auswandern will, weiß ich noch nicht, doch immerhin könnte ich es mir gut vorstellen. Gerade in skandinavischen Ländern ist es viel einfacher, Beruf und Familie zu vereinbaren, was mir vielleicht später einmal wichtig werden kann. Außerdem herrscht dort ein angenehmeres Arbeitsklima, selbstherrliche Chefärzte und Macho-Kollegen sind selten.
Konkret unternommen habe ich auch schon etwas: Nach der ersten Famulatur in Deutschland möchte ich meine zweite in Norwegen absolvieren. Dazu habe ich mich schon bei der Uniklinik Oslo beworben, mich reizt vor allem die Pädiatrie. Ich bin zuversichtlich, dass mir dafür meine Sprachkenntnisse aus Uni-Sprachkurs und Urlaubsfahrten ausreichen könnten: Denn Norwegisch ist eigentlich ganz leicht zu lernen, vor allem, wenn man Englisch und Deutsch kann.“
„Warum nicht nach Australien?“
Ingo (20), Uni Jena:
„Als gestresster Vorkliniker überlege ich mir manchmal, eher den Studiengang zu wechseln als das Land. Natürlich nicht ernsthaft, doch wenn ich sehe, was ehemalige Klassenkameraden stressfreies studieren, werde ich schon neidisch. Jedenfalls will ich nicht während meines gesamten Berufslebens der Arbeitsbelastung eines Medizinstudenten ausgesetzt sein. Konkrete Schritte ins Ausland habe ich noch nicht unternommen, schließlich habe ich noch nicht einmal das Physikum. Doch generell könnte ich mir schon vorstellen, einmal auszuwandern.
Vor allem englischsprachige Länder rund um den Globus reizen mich. Zunächst plane ich, viele Famulaturen dort zu machen. Ob ich endgültig dort wohnen werde und möchte, kann ich noch nicht sagen. Doch als junger Mensch ist man ungebunden und kann sein eigenes Leben konstruieren – warum nicht?“