Die Zahlen der aktuellen Pro Generika-Statistik sprechen für sich: Rund zehn Milliarden EUR pro Jahr spart die GKV, wenn Ärzte Nachahmerpräparate verschreiben. Für die forschenden Pharmaunternehmen sind die Pillen von der Stange ein Dorn im Auge – Ärzte geraten damit indes zwischen die unliebsamen Fronten.
Aus ökonomischer Sicht sind die Zahlen überzeugend. Allein im Jahr 2008 dürfte die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) nahezu 10 Milliarden Euro eingespart haben, weil Ärzte zunehmend Generika verordneten. "Generika sind für eine hochwertige und erschwingliche Arzneimittelversorgung absolut unverzichtbar", ,meint daher Pro Generika-Geschäftsführer Peter Schmidt. Tatsächlich entspricht die Summe einem vollen Beitragssatzpunkt. Ohne Generika, da sind sich Gesundheitsökonomen einig, beliefe sich der allgemeine Beitragssatz zur GKV zum 1. Januar 2009 vermutlich auf rund 16,5 Prozent. Die arzneimittelbedingte Einsparung wiederum hatte für Mediziner womöglich bereits einen angenehmen Nebeneffekt: Die Erhöhung der Honorartöpfe wurde auch deswegen möglich, weil der GKV entsprechende Mittel zur Verfügung standen.
Tatsächlich waren im Festbetragsmarkt die GKV-Arzneimittelausgaben rückläufig und sanken um 203 Millionen Euro (- 2,1 Prozent). „Diese für die Krankenkassen außerordentlich positive Entwicklung geht ausschließlich auf das Konto kontinuierlicher Preissenkungen im Generikasegment“, heißt es bei Pro Generika e.V. und: „Die dadurch bedingten Minderausgaben von 536 Millionen Euro haben die Mehrausgaben von 275 Millionen Euro überkompensiert, die die Verordnungsmengensteigerung von 2,9 Prozent (10,2 Millionen Packungen) verursacht hat“. Im Vergleich zu 2008 sparten die Krankenkassen ein Jahr zuvor lediglich 6,5 Milliarden durch Generika. Das neue Allzeithoch von 10 Milliarden Euro beruht indes vor allem auf zwei Faktoren: Zum einen haben Generika mit einem Verordnungs- und Abgabeanteil von 85 Prozent im generikafähigen Markt 2008 ebenfalls eine neue Höchstmarke erreicht. Zum anderen ist der Preisunterschied zwischen patentfreien Erstanbieterprodukten und Generika größer geworden.
Für ein patentfreies Erstanbieterprodukt beispielsweise mussten die Krankenkassen laut Pro Generika e.V. im September 2008 im Durchschnitt 42,94 Euro zahlen. Die ihnen therapeutisch zumindest gleichwertigen Generika kosteten hingegen im Mittel lediglich 18,99 Euro. Der Preisvorteil der Generika belief sich somit durchschnittlich auf 23,95 Euro. Ein Generikum kostete demnach nicht einmal 45 Prozent des Preises eines patentfreien Erstanbieterproduktes bzw. ein patentfreies Erstanbieterprodukt war um 126,1 Prozent teurer als ein Generikum. Während Generika hierzulande noch auf dem Vormarsch zu sein scheinen, ist der Zenith – global betrachtet – zumindest im abgelaufenen Jahr 2008 überschritten worden. Rund 78 Milliarden US-Dollar setzen Generikahersteller um, wie der aktuelle IMS 2008 Global Generics Perspective Report offenbart – doch die Zuwachsrate sank von 11,4 Prozent in 2007 auf lediglich 3,6 Prozent (per September) im letzten Jahr. Für Ärzte zeichnet sich dabei ein ganz anderer Aspekt ab. Sowohl forschende Arzneimittelhersteller, als auch Generika-Unternehmen, nähern sich in ihrer Konzernpolitik an, und vermarkten immer häufiger das Genre des anderen.
Biosimilars als Umsatzgaranten
Der innovative Vorstoß der Generikabranche freilich kommt nicht von ungefähr. Allein hinter Nachbildungen patentfreier Biopharmazeutika, so genannten Biosimilars, steckt ein Milliardenmarkt, wie das Beratungsunternehmen A.T. Kearney unlängst errechnete. Danach werden Pharmafirmen mit Biosimilars bis 2016 weltweit jährlich 3,4 Milliarden US-Dollar umsetzen. „Treiber sind vor allem die Nachahmer von umsatzstarken Originalpräparaten wie Interferon-beta, MabThera und Produkte der Biologics-Gruppe, deren Patente demnächst auslaufen werden“, erklärte Thilo Kaltenbach, Pharmaspezialist bei A.T. Kearney auf einer Konferenz des Pharmaceutical Training Institute (PTI) im April letzten Jahres. Allerdings seien die Zeiten weniger dramatisch, als vielfach befürchtet. Den Originalherstellern, die einen Preisverfall und ähnliche Umsatzverluste wie auf dem Gebiet der synthetischen Arzneien befürchten, gibt Kaltenbach Entwarnung: „Bis zur Markteinführung ihrer Produkte werden Biosimilarhersteller teilweise hohe Investitionen für klinische Studien aufwenden müssen und es sich deshalb nicht leisten können, ihre Produkte zu Billigpreisen anzubieten.“ Dass dabei die „Grenzen verwischen“, wie es im IMS-Report heißt, birgt für manchen Doktoren einen entscheidenden Vorteil: Er kann beim Verordnen eines Medikaments aus rein medizinischen Gründen entscheiden, ohne auf die Belange der Arzneimittelhersteller achten zu müssen. Man kann es auch anders ausdrücken: Ende gut, alles gut.