Von der Rinde des Chinarindenbaums bis zu DDT. Genauso vielfältig wie erfolglos waren bisher alle Ansätze, die Malaria in den Tropen auszurotten. Ein wirksamer Impfstoff könnte in einigen Jahren die Epidemie zumindest stark eindämmen.
Afrika ist frei von Malaria. Eine Utopie, die unsere Generation nicht mehr erleben wird? Wenn die mathematischen Berechnungen von Gabriela Gomes vom portugiesischen Instituto Gulbenkian de Ciência stimmen, können wir das Auftreten der Malaria zumindest in Gebieten mit moderater Transmission stoppen. Nur wenige Gebiete in Afrika erfüllen dieses Kriterium nicht. Welche Mittel dafür am besten geeignet sind, verschweigt jedoch der Artikel in der Fachzeitschrift PLoS ONE.
Resistenzen gegen den Beifuss-Wirkstoff
Nach Angaben von Unicef sterben 800 000 Kinder jedes Jahr an der Tropenkrankheit, andere Schätzungen sprechen vom dreifachen Wert. Mit ganz unterschiedlichen Ansätzen versuchen Tropenmediziner, die Krankheit einzudämmen, die immer noch die Zukunft Afrikas, aber auch Südostasiens und Lateinamerikas bedroht. Als wirksam hat sich in den letzen Jahren eine Kombinationstherapie mit Artemisinin erwiesen. Der Wirkstoff aus dem einjährigen Beifuss hat in mehreren Studien gute Ergebnisse gezeigt und hat noch einen weiteren Vorteil. Das Gewächs wächst vor Ort. Mit etwas Know-how lassen sich effektive Medikamente auch in Ländern ohne Milliarden-Haushalt erzeugen. Auf der Konferenz der amerikanischen Tropenmediziner im Herbst in New Orleans wiesen einige Beträge jedoch auch schon auf die Kehrseite der so schön schimmernden Medaille hin. In Kambodscha, wo der Beifusswirkstoff häufig ohne weitere Therapie verabreicht wird, treten immer mehr Resistenzen des Parasiten auf. Die Mauer aus Optimismus und Zuversicht im Kampf gegen Malaria hat erste Risse bekommen.
Impfstoff: Genaue Funktion unbekannt, Ergebnisse gut
Wo wirkungsvolle Therapien versagen, bleibt die Hoffnung auf Impfstoffe, um einen Ausbruch schon im Keim zu ersticken. Der aussichtsreichste Kandidat ist derzeit ein Vakzin gegen ein Sporozoiten-Antigen der Erregers Plasmodium falciparum. Zwei Phase II-Studien, deren Ergebnisse im Dezember im New England Journal of Medicine erschienen, berichten von einem Schutz von mehr als 50 Prozent bei Kindern in Kenia und Tansania. Rund 900 Kinder im Alter zwischen fünf und siebzehn Monaten erhielten dabei den von Glaxo entwickelten Impfstoff RTS,S oder eine Tollwutimpfung als Kontrolle. Eine weitere Studie in Tansania setzte den Impfstoff zusammen mit Routineimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Hämophilus influenzae, Keuchhusten und Polio ein.
Beide Studien unterschieden sich auch durch die benützten Hilfsstoffe. In der kenianisch-tansanischen Studie steigerte ein neues Adjuvans den Antikörpertiter um rund das zehnfache. Trotzdem ergeben die Daten einen vergleichbaren guten Schutz vor der Krankheit. Dass das Vakzin gegenüber früheren Studien nun viel besser wirkte, kam auch für Fachleute überraschend, wie der Malaria-Experte Volker Heussler vom Hamburger Bernhard Nocht Institut im Gespräch mit DocCheck berichtet. „Die vergleichbare Effizienz der beiden Vakzine trotz der unterschiedlichen Adjuvantien deutet darauf hin, dass bei der Abwehr gegen Plasmodien-Sporozoiten nicht nur Antikörper-, sondern auch eine T-Zellvermittelte Immunität mitspielt". Auch nach einer Entwicklungszeit von mehr als zwanzig Jahren, sagt Kevin Marsh, Direktor des englisch-kenianischen Forschungszentrums in Kilifi, „weiß keiner von uns genau, wie RTS,S wirkt". Gespannt warten die Wissenschaftler vom Hamburger Institut daher auf eigene Ergebnisse von derzeit laufenden Studien aus Ghana. Immerhin, so hoffen Experten wie William Collins und John Barnwell vom amerikanischen CDC, könnte das neue Adjuvans für einen längeren Schutz als die bisher erreichten ein bis zwei Jahre bieten.
Bakterien gegen alternde Moskitos
Eine Strategie ganz anderer Art beschreibt das Team um Scott O'Neill aus dem australischen Bisbane in der vorletzten Ausgabe von "Science". Ihre Idee beruht darauf, die Lebenszeit der Mücken als Überträger soweit zu verkürzen, dass sich der Parasit nicht mehr entwickeln kann. Die Australier haben es geschafft, ein symbiontisches Bakterium der Fruchtfliege, Wolbachia, auf den Überträger des Dengue-Virus zu übertragen. Da nur infizierte Aedes Aegypti-Weibchen ihren ungebetenen Bakteriengast weitergeben und die umgekehrte Kombination keine lebensfähigen Nachkommen erzeugt, rechnen sich die Forscher gute Chancen aus, die Bakterien auch in freier Wildbahn zu vermehren. Wolbachia verkürzt die Lebensspanne ihres Wirts etwa um die Hälfte. Gelänge es, so spekulieren Andrew Reed und Matthew Thomas in einem Kommentar in Science, die Lebenszeit von Anopheles-Mücken ebenfalls auf drei Wochen zu verkürzen, so bliebe der Mücke wohl nur mehr eine Woche, um den Erreger bei einem Stich eines infizierten Menschen aufzunehmen. Denn zwei Wochen veranschlagen die Forscher als die Zeit, in der sich die Malaria-Gametozyten zu Sprozoiten entwickeln, reif genug für die weitere Vermehrung im Menschen. Eine solche "Zeitnot" könnte die Seuche zumindest stark eindämmen. Allerdings weiß bisher niemand, ob solche Hypothesen auch in Afrika funktionieren.
Warum versteht es der Malaria-Erreger, sich allen Versuchen mit Vakzinen und Wirkstoffen gegen ihn selbst und seinen Überträger zu entziehen? "Es gibt kein einfaches Tiermodell." meint Gerd Pluschke vom Basler Tropenistitut. Allein mit Eulenaffen und Menschenaffen, in denen sich die Erreger vermehren, lässt sich die Forschung nur langsam vorantreiben. Am ehesten dürfte daher eine Kombination aller Strategien dazu führen, dass sich die Berechnungen von Gabriela Gomes verwirklichen und den Ländern der Tropen neue Hoffnung auf neue Entwicklungschancen geben.