Der Report wird im März die UN-Drogenkommission (UNCND) beschäftigen, heftige Dispute sind abzusehen. Denn die renommierte Beckley Foundation empfiehlt die globale Freigabe des Cannabis-Konsums, um damit die Drogenprobleme weltweit besser in den Griff zu bekommen.
Den Vorstoß als Idee spleenige Alt-68er abzutun wäre unangebracht. Zu den Beratern der ehrwürdigen Gesellschaft gehört nämlich auch Colin Blakemore – und damit einer der renommiertesten Mediziner Englands. Blakemore ist nicht nur Professor of Neuroscience an der Universität Oxford, sondern auch ehemaliger Chief Executive des Britischen Medizinischen Forschungsrats (Medical Research Council, MRC).
Dreimal soviel THC
Tatsächlich ist der jetzige Vorstoß der Foundation erstaunlich. Die Legalisierung von Cannabis beschäftigt die Nationen der UN seit Jahrzehnten, vereinzelt glänzen Länder wie die Niederlande durch Toleranz. Doch außerhalb der Coffee-Shop-Vorzeigebastion hält sich die Politik zum Thema eher bedeckt. Allenfalls der medizinische Segen für Krebspatienten oder in der Palliativmedizin erreicht als Info die Entscheidungsträger – noch. Das wird sich womöglich im März 2009 rasant ändern, wenn sich nach Informationen des Fachblatts „New Scientist“ die UNCND des Themas annehmen wird. Die von der Beckley Foundation durchgeführte Untersuchung macht nämlich deutlich, dass das Kiffen für alle – trotz nachweisbarer Risiken – ein gesundheitspolitisches Happy End feiern könnte.
Zwar liegen die Nachteile des Hanf-bedingten Rauschs auch nach Meinung der Beckley Kommission auf der Hand. Der Gehalt der Pflanzen an Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre nahezu verdreifacht, weil die meisten illegalen Grünlinge meist indoor gezüchtet und optimal belichtet werden. Galt Kiffen noch in den 80ern als harmlose, wenn auch verbotene Rauschalternative zu den legalen Drogen Alkohol oder Tabak, zweifeln Ärzte heute nicht mehr am Suchtpotenzial von Joints & Co. Ob „Skunk“ oder „Sinsemilla“, wer den Stoff konsumiert läuft wirklich Gefahr, zu jenen neun Prozent Cannabis-Abhängigen zu gehören, bei denen die Aussetzung des Konsums zwangsläufig zu Entzugserscheinungen führt. Auch das Risiko psychischer Störungen liegt bei Marihuana-Konsumenten um 40 Prozent höher als bei Menschen, die auf den speziellen Rausch verzichten. Selbst die Zahl der cannabisbedingten Krankenhauseinweisungen nimmt zu, allein in den USA auf über 100.000 pro Jahr. Anfang der 1990er waren es gerade mal etwas mehr als 40.000.
Der Joint als Lebensretter?
Waren demnach die Mitglieder der Beckley Foundation selbst berauscht oder stehen die Fachleute der UNCND unter Dope-Einfluss? Mitnichten, wie die weiteren Fakten der Experten belegen. „Das Verbot der Substanz richtet mehr Schaden an, als ihr Konsum das vermag“, resümiert die Gründerin der Foundation, Amanda Feilding. Tatsächlich offenbaren die Details, dass pro Jahr rund 166 Millionen Menschen im Alter von 15 Jahren und darüber weltweit Cannabis konsumieren – was rund 3,9 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Lediglich ein Prozent der Menschheit greift indes zu den anderen, harten Drogen. Vor allem reiche Länder lieben offenbar den Dope aus der Hanfpflanze, allein in den USA schätzen Suchtmediziner den Prozentsatz der „irgendwann probiert“-Konsumenten auf rund 40 Prozent der Einwohner.
Den globalen Cannabis-Konsum zu „Erholungszwecken“ zu empfehlen wäre vermutlich eine irrlichterne Idee geblieben, sprächen da nicht harte medizinische Fakten für die Zulassung. Rund 200.000 Menschen sterben nämlichweltweit jedes Jahr, weil sie andere, meist harte Drogen zu sich nehmen. An den Folgen der legalen Suchtdroge Alkohol verenden jährlich sogar 2,5 Millionen Erdenbürger, während schlichtes Rauchen weltweit rund 5 Millionen ins Jenseits befördert. Gemessen daran wäre der durch die UN freigegebene Cannabis-Joint als Alternative eine wahre Erlösung: Im Jahr 2007 registrierten Ärzte auf unserem Planeten lediglich zwei durch Marihuana-Überdosen hervorgerufene Todesfälle.