Akupunktur ist gegen Schmerzen wirksam, ergaben drei große Metaanalysen. Sicher ist allerdings nur, dass die Nadel sitzen muss, nicht aber wo. Denn auch Scheinakupunktur lässt Schmerzen schwinden.
Endlich scheint es bewiesen: Akupunktur lindert chronische Spannungskopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen und auch postoperative Schmerzen und hält sogar der Behandlung mit Schmerzmitteln stand. Was wie Wasser auf die Mühlen von Alternativmedizinern ist, ruft allerdings auch Kritiker auf den Plan. Denn nicht nur das Stechen nach den Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin wirkt, sondern auch die Scheinakupunktur.
Kein Zweifel: Weniger Schmerzen
Zwei Metaanalysen zu Migräne und Spannungskopfschmerzen der Cochrane Collaboration mit insgesamt über 6.700 Patienten belegen, dass Akupunktur bei der Hälfte der Migräniker die Häufigkeit der Anfälle reduzierte. Die Anzahl der Tage mit Kopfschmerzen sanken und auch die Intensität der Schmerzen nach acht Wochen nahm ab. Eine Langzeitstudie konnte eine Wirkung auch nach neun Monaten belegen. Ähnlich die Ergebnisse für Patienten mit Spannungskopfschmerzen. Zudem waren die Nadeln plus Medikamente einer rein medikamentösen Therapie überlegen.
Nicht oder kaum bemerkbar macht sich allerdings offenbar, ob wirklich akupunktiert wurde oder nur zum Schein – entweder an falschen Stellen oder nicht tief genug. Studienleiter Professor Klaus Linde des Zentrums für Naturheilkundliche Forschung der Technischen Universität München kennt die Ursache der guten Wirkung der Akupunktur, aber auch der Scheinbehandlung nicht, hat aber mögliche Erklärungen parat: Die Akupunktur an sich könnte einen besonders hohen Plazeboeffekt besitzen. Möglich sei auch eine Aktivierung bestimmter Nervenfasern sowie eine Verzerrung der Ergebnisse durch Teilnehmer nicht verblindeter Studien, die die Therapie abbrachen, nachdem sie erfuhren, keine Akupunktur zu erhalten.
Fundamentale Erklärungsnöte
Linde hat keinen Zweifel an der therapeutischen Wirkung der Akupunktur. Ganz anders Kollege Asbjørn Hróbjartsson vom Nordic Cochrane Centre in Kopenhagen. Er untersuchte die Wirkung der Akupunktur in einer Metaanalyse bei über 3.000 Patienten mit Migräne, Lumbalgie, Gonarthrose und postoperativen Schmerzen (BMJ 2009; 338:a3115). Der geringe Unterschied zwischen echter Akupunktur und Scheinakupunktur anhand der Angaben zu Schmerzen in der visuellen Analogskala waren statistisch nicht relevant. Sein Fazit: Der analgetische Effekt der Akupunktur ist besser als der keiner Behandlung, aber es ist egal, ob regelrecht akupunktiert oder sonst wo gestochen wird.
Auch Hróbjartsson kritisiert die fehlende Verblindung von Studien, die für Verzerrungen verantwortlich sein können. Zudem sollten beeinflussende psychologische Auswirkungen des Nadelns an welcher Stelle auch immer zukünftig berücksichtigt werden.
Kostenerstattung gefordert
Alle Kritik in Ehren – aber muss aufgrund der Ergebnisse an den Grundprinzipien der Akupunktur gezweifelt werden? Könnte möglicherweise auch der Partner oder der Nachbar bemüht werden? Theorie und Wirkung der Akupunktur sind komplex. In Anbetracht der belegten Wirkung und der geringen Nebenwirkungen im Vergleich zu Schmerzmitteln wünschen sich mit Sicherheit nicht nur manche Ärzte, sondern auch viele Schmerzgeplagte eine Kostenerstattung. Ob sich Patienten für den genauen Wirkmechanismus so sehr interessieren wie Fachleute, ist fraglich. Schließlich wissen auch die wenigsten Patienten, wie und warum Schmerzmittel helfen.
Die Forschungsgruppe Akupunktur und Chinesische Medizin e.V. (FACM) nimmt die Ergebnisse jedenfalls zum Anlass, die Aufnahme der Therapie von Kopfschmerzen mit Akupunktur in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zu fordern.