Was in den USA gang und gäbe ist, soll auch hierzulande gelingen: Ein biomedizinisches Sponsoring soll Forschern, Ärzten, dem Gesundheitswesen und last not least den Patienten zugute kommen. Das Interessante: Der Spender bestimmt die Richtung der Forschung selbst.
Zu einem beispiellosen Erfolg für die Medizinforschung in Deutschland und für die Patienten wurde die Stiftung „Deutsche Krebshilfe e.V.“, die die Roentgenärztin Mildred Scheel im Jahr 1974 gründete. Dr. Scheel agierte nicht nur als wichtigster Fundraiser, sondern konnte erstmals in Deutschland die breiten Massen für unheilbar Kranke und ihr Leiden interessieren. Die Spenden flossen so großzügig, dass mit dem finanziellen und Imagegewinn der „Deutschen Krebshilfe“ die Bundesregierung für die Gründung des „Deutschen Krebsforschungszentrums“ (DKFZ) in Heidelberg gewonnen werden konnte. Inzwischen sind in Deutschland nach Auskunft des DKFZ rund 50 % aller Krebserkrankungen heilbar, vor 35 Jahren waren es um 10 %. Heute gibt es eine Vielzahl medizinischer Sponsoring-Initiativen, Pharma-Unternehmen unterstützen Volksläufe, private Ärzte-Initiativen werben Gelder zur Ausrottung von Epidemien in Afrika ein und vieles mehr.
Die neue Stiftung „vote4health“ dient speziell der biomedizinischen Forschung, erläutert Joachim Conrads, CEO von mosaiques diagnostics. Conrads wurde als wichtiger Kapitalgeber für DiaPat GmbH im Jahr 2003 von den „Business Angels“ mit der „goldenen Nase“ ausgezeichnet. Nun entschloss er sich, die Sponsoring-Aktion vote4health ins Leben zu rufen. Das Beispiel eines Schauspielers, der an Multipler Sklerose leidet und einem Pharma-Unternehmen einen nennenswerten Geldbetrag spendete, damit es gezielt Medikamente entwickelt, die seine Erkrankung lindern würden, beeindruckte ihn, sagte Conrads. Auch Verwandte von Patienten, die schwer erkrankt waren oder an einer noch wenig erforschten Krankheit verstarben, sprachen ihn an, weil sie mit größeren Spendenbeiträgen für die medizinische Forschung den Betroffenen gezielt helfen wollten. Jedoch sollten nicht allein neue, wissenschaftlich fundierte Therapiekonzepte finanziell gefördert werden, sondern auch neue Diagnoseverfahren.
Das biomedizinische Unternehmen DiaPat GmbH fand mit der Protein-Analyse von Patientenurin über CE-MS (Kapillar-Elektrophorese mit gekoppeltem Massenspektrometer) einen erfolgversprechenden Diagnose-Ansatz. „Doch“, so Conrads, „der Forschungs- und Entwicklungs-Anteil liegt bei fast 90% der Ausgaben. Fast jeder Euro, den wir verdienen, geht sofort wieder in die medizinische Forschung, um weitere diagnostische Muster von Krankheiten zu erstellen.“ Laut Prof. Harald Mischak, dem Entdecker des Diagnoseverfahrens, ist es möglich, mit einem DiaPat die 50 häufigsten Erkrankungen zu erkennen. Bei entsprechender finanzieller Förderung könnten binnen fünf Jahren die diesen Erkrankungen zuzuordnenden Proteinmuster entdeckt und gespeichert werden. Die Einmal-Diagnose würde dem Patienten manchen Umweg ersparen, aber auch der öffentlichen Gesundheitsfürsorge helfen, weil sich ein enormes Kosteneinsparungs-Potential bei Vorsorgeuntersuchungen ergebe. Bei mosaiques diagnostics liegen inzwischen etwa hundert Terabit mit Bioinformatik-Daten aus über 10.000 qualifizierten Patientenproben vor.
Keine Genomics, sondern Proteomics
Nahezu alle Erkrankungen geben in ihrer Entstehungsphase Botenstoffe ab, die aufgefunden werden müssen. Die Entstehung der Botenstoffe sei der entscheidende Moment, die erbliche Prädisposition gebe keine Auskunft, ob eine Krankheit jemals entstehen werde bzw. zu welchem Zeitpunkt, sagt Prof. Mischak. Ausschlaggebend seien die Botenstoffe, die sicher über die im Urin ausgeschiedenen Proteine und Polypeptide zu detektieren seien. Gegenwärtig soll DiaPat so zum Beispiel in einem neuen, vom BMBF mit 1,5 Mio. Euro geförderten Forschungsprogramm an der Medizinischen Hochschule Hannover, dem UKT Tübingen und weiteren Unikliniken helfen, nach Organtransplantationen frühzeitig eine GvHD-Erkrankung (Graft-versus-Host-Disease) zu diagnostizieren. Positiv zum Protein-Analyse-Verfahren aus Urin steht auch Prof. Arnold Ganser, Direktor der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation an der MHH. Er wird sich daher zukünftig im sich konstituierenden Stiftungsrat von vote4health engagieren.
Interessierte und Patienten können im Internet bereits jetzt ihre Stimme für Erkrankungen abgeben, deren wissenschaftliche Erforschung ihnen am dringendsten erscheint: Brustkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Frühdiagnose von Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Lungenkrebs, Rheuma (rheumatoide Arthritis) und viele mehr. Die Krankheitsbilder werden in Abfolge der Stimmanzahlen beforscht. Die Spender erhalten als Anerkennung ab einem bestimmten Sponsoringbetrag einen eigenen, kostenlosen Gesundheitscheck. Nach Mitteilung von DiaPat kamen sogar aus den USA bereits zahlreiche Anfragen.