Qualvolle 90 Tage oder praktische 3 Monate? Was sind eigentlich Aspekte und Ziele des Pflegepraktikums? Mehr über den Sinn und Zweck der Verpflichtung lest ihr hier.
90 Kalendertage müssen innerhalb der Vorklinik als Pflegepraktikum absolviert werden, um schließlich zur ersten Ärztlichen Prüfung zugelassen zu werden. Für viele ist es der erste reale Patientenkontakt. Einige absolvieren einen Teil des Pflichtprogrammes eines jeden Medizinstudenten bereits vor dem Studienbeginn, andere wiederum lassen sich etwas mehr Zeit damit und beginnen die Jagd nach den Stunden erst im Laufe des Studiums. Dabei gilt es viele Dinge zu beachten, es sind etliche Formalitäten und Regeln von der organisatorischen Seite her einzuhalten. Denn: das Landesprüfungsamt ist gnadenlos.
Unangenehm gehört dazu
Viel wird von allen Seiten her über den Sinn und den Zweck diskutiert. Von Mitstudenten oder bereits fertigen Medizinern hört man häufig, dass man, im wahrsten Sinne des Wortes, nur zur Drecksarbeit herangezogen, man könnte meinen, sogar regelrecht geknechtet wird. Pflegerinnen und Pfleger würden den angehenden Medizinern das Leben mit vollster Absicht schwer machen, da es für sie wohl die letzte Möglichkeit ist, bevor das Kräfteverhältnis später umgekehrt wird. Es werden qualvolle 90 Tage. Das mag sein.
Doch entgegen diesen Horrorgeschichten machen viele Studenten ganz andere Erfahrungen. Natürlich erlebt man die negativen Seiten des Jobs. Diese gründen allerdings in den meisten Fällen nicht auf den Personen selbst, die diesen Beruf ausüben, sondern basieren vielmehr auf den Gegebenheiten und Bedingungen der Arbeit. Die Aufgaben auf der Station sind stressig, müssen in kürzester Zeit so gut wie möglich ausgeführt werden und erfordern dabei gleichzeitiges Fingerspitzengefühl im Umgang mit Kollegen, Ärzten, Patienten und Angehörigen. In diesen Sog gerät man als Praktikant mitten hinein. Da ist es oftmals nur allzu gut verständlich, dass gewisse Dinge zu kurz kommen und der Ton manchmal etwas ruppiger wirkt.
Das Pflegepraktikum gehört zum Pflichtprogramm eines jeden Medizinstudenten und soll es auch weiterhin bleiben. In welchem Umfang, soll offen bleiben. Es ist sehr wichtig, zumindest ein Mal die unterschiedlichen Facetten des Alltags in einer Klinik zu erleben. Und das lässt sich nun mal am besten von der Basis her erfahren. Der willige und offene Praktikant kann so verschiedene Fähigkeiten erlernen und manch wertvollen Blick für bestimmte Feinheiten bekommen.
Wie man in den Wald hineinruft, so hallt es auch zurück...
Das persönliche Erlebnis „Krankenpflegepraktikum“ ist zudem abhängig von dem eigenen Auftreten. Es sind nicht einmal besondere Fähigkeiten als Praktikant gefragt, schließlich steht man ja erst einmal am Anfang der Ausbildung. Der Ausspruch, „wie man in den Wald hineinruft, so hallt es auch zurück“, stellt die Situation schon recht gut dar, der Umgang ist wichtig. In vielen Fällen gelingt jedoch eine gute und erfreuliche Integration in den Arbeitsalltag und in die Pflegegemeinschaft. Die Eigenschaften „Offenheit“, „Willen“, „Hilfsbereitschaft“, „Verständnis“, „Akzeptanz“ und „Freundlichkeit“ stehen hierbei ganz vorne.
In der Rolle des Praktikanten steht man da gerade an den wichtigsten Schnittstellen eines Krankenhauskollektivs. Man erlebt den Kontakt zwischen Pflegepersonal und dem Patienten, Man erfährt, wie die Kommunikation zwischen Krankenpflegern und Ärzten abläuft und wie der Umgang zwischen Angehörigen und medizinischem Personal funktioniert. Zudem kann man wichtige Informationen über weitergehende Verfahren und Prozesse bekommen, wie z.B. mit den technischen Angestellten der Klinik, den Rettungsdienstmitarbeitern, der Verwaltung und auch Ärzten außerhalb des Krankenhauses. Für den späteren Beruf als Arzt kann man jederzeit darauf zurückgreifen und durchaus davon profitieren. Es sind Eigenschaften, die man sich sonst nirgendwo holen kann. Sicherlich gibt es Bücher, Berichte, etc., aber nirgends lassen sich diese Erfahrungen besser erlernen, als in der Praxis unter realen Bedingungen.
Das Praktikum ist demnach mehr: Natürlich ist es wichtig zu wissen, wie bettlägerige Patienten gewaschen und umgelagert werden, wie man eine Infusion richtet und einen Pflegebericht schreibt, wie mit Fäkalien umgegangen und der Blutzucker bestimmt wird. Viel wertvoller neben diesen Grundkenntnissen aber sind die Erfahrungen des generellen „Lebens“ einer Klinik. Eben diese Umgänge, diese Beziehungen und Verstrickungen hautnah mitzubekommen. Selbstverständlich gehören dazu auch die Komplikationen und Leiden aller. Das ist es, worauf es später im Berufsleben grundlegend ankommen wird. Und das ist es vielleicht ja auch, was einen Arzt von einem guten Arzt unterscheidet.