Auf der Suche nach anxyolytischen Therapien haben Wissenschaftler einen neuartigen Ansatz entdeckt. Sie zeigen, dass sich endogene Opioide als therapeutische Zielstruktur eignen. Das könnte die Entwicklung von angstlösenden Medikamenten in Zukunft beeinflussen.
Ärzte verordnen weltweit immer häufiger Psychopharmaka - rund 15 Prozent aller Menschen in Europa oder in den USA haben mit Angststörungen zu kämpfen. Zu diesem Ergebnis kam die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bereits vor mehreren Jahren am Beispiel der Antidepressiva. Je nach Wirkstoff haben die Präparate mitunter anxiolytische Effekte.
Bislang verschrieben Ärzte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), aber auch Benzodiazepine. "Diese Medikamente wurden ursprünglich nicht entwickelt, um Angst zu behandeln", sagt Professor Dr. Elena Bagley aus Sydney. Nicht immer komme es zur erwünschten Wirkung, und bei Benzodiazepinen werde Abhängigkeit zunehmend problematisch. Grund genug für die Forscherin, nach neuen Ansatzpunkten zu suchen. "Experten sind sich einig, dass bessere Angstbehandlungen kommen werden, falls die Wissenschaft aufdeckt, wie neuronale Schaltkreise und endogene oder natürlich vorkommende Opioide unsere Angst regulieren", so Bagley. Im Tierexperiment konnte sie zeigen, dass sich endogene Opioidsysteme - wie von ihr vermutet - sehr wohl als therapeutische Zielstruktur eignen.
Die Expertin konzentrierte sich auf Enkephaline. Dass diese endogenen Opioidpeptide an Opioidrezeptoren binden, ist lange bekannt. Supprimierte Bagleys die Enkephalin-Ausschüttung bei Mäusen, reagierten sie mit Angst und Aggressivität. Dem gegenüber wirkte die vermehrte Enkephalin-Ausschüttung auf Nager anxiolytisch. Im Detail scheinen die Mechanismen aber komplexer zu sein, als Bagley erwartet hat. Bindet das Protein an µ-Rezeptoren, scheint Angst sogar gefördert zu werden. Bislang bekannte Agonisten sind Morphin oder Fentanyl. Als Antagonisten wirken Naloxon und Naltrexon. An δ-Rezeptoren führt Enkephalin laut Veröffentlichung zum erwünschten anxyolytischen Effekt. "Angesichts dieser Komplexität ist das Verständnis molekularer Vorgänge von körpereigenen Opioiden bei diesen beiden Rezeptoren wichtig, falls wir versuchen, Opioid-assoziierte Medikamente für emotionale Probleme zu entwickeln", sagt Bagley. Als Resümee spricht sie von einem "neuartigen pharmakologischen Ansatz".