Wem Teebeutel oder Gurkenmaske nicht mehr helfen und Hungern als Anti-Aging-Methode nicht zusagt, den erfreut vielleicht ein Filler. Schnell gespritzt erzielt er meist unmittelbare Ergebnisse. Der Preis jedoch ist selten heiß, aber manchmal zu hoch.
Ob Kleopatra, die Traumfrau der Antike, ihrem Body außer mit allerlei Wässerchen auch mit einer Art Filler den letzten Schliff gab, um Marcus Antonius und Julius Cäsar zu betören, ist nicht überliefert. Gebraucht hätte sie es, denn Kleopatra war entgegen der landläufigen Meinung eher hässlich; ihre kantige Nase und schmalen Lippen wären heute wahrscheinlich ein wahres Objekt der Begierde für Schönheitschirurgen. Begonnen hat die Geschichte der so genannten Weichteil-Augmentation wohl erst knapp 2000 Jahre nach Kleopatra: 1893 verwendete der deutsche Chirurg Fritz Neuber Fettgewebe, um Defekte im Gesicht aufzufüllen. Wenige Jahre später war es Paraffin, das einem jungen Mann nach Hoden-Resektion ins Skrotum gespritzt wurde. Die gezielte Entwicklung von Füllmaterialien begann in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit flüssigem Silikon, von der FDA wegen der hohen Komplikationsrate verboten. Seit Mitte der 90er Jahre ist dann eine kaum noch überschaubare Zahl unterschiedlicher Substanzen und Methoden auf den Markt gekommen.
Filler ohne Ende
Über 160 Dermal-Filler sollen derzeit im Handel sein, Tendenz steigend. Selbst Experten haben kaum noch einen Überblick und eine Chance, die Produkte umfassend zu bewerten. Prinzipiell unterschieden wird zwischen nicht-resorbierbaren oder permanenten Füllmaterialien, etwa Silikon, und resorbierbaren, nicht-permanenten, zum Beispiel Hyaluronsäure. Eine Differenzierung ist außerdem nach der Herkunft des Materials möglich. So gibt es zum Beispiel Filler aus Rinder- und Schweinekollagen, aus humanem Gewebe oder auch aus synthetischem Material. Ähnlich rasant wie die Zahl unterschiedlicher Füllmaterialien steige die Nachfrage nach minimal-invasiven ästhetischen Eingriffen von Jahr zu Jahr, sagt Dr. Tatjana Pavicic, Dermatologin der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Und wie bei allen medizinischen Eingriffen steigt auch bei den injizierbaren Filler-Produkten mit der zunehmenden Zahl der Anwendungen die Komplikationsrate. Weltweit sehen sich daher immer wieder Fachgesellschaften, staatliche Institutionen und einzelne Experten veranlasst, Warnungen auszusprechen, stärkere Zulassungsbedingungen und weitere Studien zu fordern, wie Daphne van Dam vom Medizinischen Zentrum in Leeuwarden kürzlich berichtet hat. Bereits vor drei Jahren warnte zum Beispiel die damalige Präsidentin der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, die Regensburger Chirurgin Dr. Marita Eisenmann-Klein, vor der Anwendung von permanenten Filler.
Kritik an Daten zu Komplikationen
Gewarnt wird im Wesentlichen vor den nicht-resorbierbaren bzw. permanenten Produkten, die heute auch als obsolet gelten. Denn zum einen treten schwerwiegende Komplikationen eher bei diesen als bei resorbierbaren Produkten auf. Zum anderen ist „über die Veränderungen der so genannten permanenten Filler nach jahrelangem Verbleib im Gewebe bis jetzt so gut wie nichts bekannt“, moniert die Münchner Dermatologin Dr. Luitgard G. Wiest. Wie häufig jedoch Komplikationen bei den einzelnen Produkten auftreten, ist unklar. Die dazu vorhandenen Daten der Hersteller seien nicht nachzuvollziehen, sagt Wiest. Es gibt zwar eine Fülle von Berichten über Komplikationen im Zusammenhang mit einzelnen Produkten, ebenso eine große Zahl von Studien mit Daten zu Nebenwirkungen. Aber mit aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Filler und Komplikationen sind die Angaben dazu eher dürftig - selbst in neuen wissenschaftlichen Übersichtsarbeiten wie denen von Tatjana Pavicic und Luitgard Wiest. Die unzureichende Datenlage ist mit ein Grund dafür, dass der Kölner Plastische Chirurg Dr. Ahmmed Ziah Taufig zusammen mit der Gesellschaft für Ästhetische Chirurgie kürzlich ein Internet-Portal allein zum Thema Filler ins Leben gerufen hat.
Nicht immer hat der Filler Schuld
Unstreitig ist, dass die modernen resorbierbaren Produkte verträglicher sind als die Permanent-Filler. Nachteil der nicht-permanenten Produkte ist allerdings, dass die durch sie erzielte „Schönheit“ vergänglich ist. Außerdem: Bei jeder Filler-Anwendung und bei jedem Produkt kann es zu Problemen kommen, bei den Permanent-Filler übrigens selbst viele Jahre nach der Behandlung noch. Nicht jede Komplikation ist dem Produkt anzulasten. Auch falsche Injektionstechnik etwa oder mangelnde Hygiene sind mögliche Ursachen. Viele Komplikationen, etwa Rötungen oder Schmerzen an der Injektionsstelle, sind zum Glück vorübergehender Art. Aber selbst passagere Komplikationen wie etwa Hautverfärbungen im Gesicht oder Juckreiz sind bei Eingriffen, die medizinisch nicht gerade zwingend indiziert sind, meist keine Quelle großer Freude für die Patienten oder Kunden. Zweifellos größere Sorgen machen sich Experten über die dauerhaften Komplikationen, die oft therapeutische Maßnahmen erfordern. Und das ist vielleicht gar nicht so selten. Beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte gingen in der Zeit vom 1. 1. 2000 bis zum 30. 9. 2005 insgesamt 136 Meldungen zu so genannten Vorkommnissen im Zusammenhang mit der Anwendung von injizierbaren Füllmaterialien ein. Betroffen waren 143 Patienten. Das häufigste Symptom waren Knoten (89). Meist war eine ärztliche Behandlung (medikamentös oder chirurgisch) erforderlich. Knoten sind nur eine mögliche, sehr unangenehme Komplikation, eine andere sind Abszesse, Lipatrophien und auch Narben. Die wohl schwerwiegendste Nebenwirkung sind Fremdkörpergranulome. Auch sie können bei allen Füllmaterialien vorkommen. Dennoch: „Die Anwendung moderner Filler sei einfach, effektiv und sicher, „wenn sie von gut ausgebildeten Ärzten durchgeführt wird“, sagt Tatjana Pavicic. Man beachte die Einschränkung!