Der moderate Konsum von Wein hat längst seine wissenschaftliche Weihe als gesundheitsfördernd erhalten. Die Erkenntnis, dass Wein jedoch auch vor dementiellen Erkrankungen schützt, ist neu - und eine Bestätigung für die Fans des roten Rebensaftes.
Das alte Wissen um die heilkräftigen Wirkungen von Wein ist heute hinreichend bestätigt: Trauben in ihrer »geistig-flüssigen« Form haben ein großes Spektrum an Eigenschaften, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken. Auftakt der umfangreichen Untersuchungen war unter anderem die MONICA-Studie der WHO in den frühen 90ern. Sie konfrontierte die Forschung mit einem erstaunlichen Phänomen: Die Daten aus MONICA hatten gezeigt, dass koronare Herzerkrankungen in Südfrankreich deutlich seltener auftreten als in anderen Ländern.
Herzschutz im Glas
Dieses »french paradoxon« wurde schließlich durch zahlreiche weitere Studien geklärt. Der moderate Genuss von alkoholischen Getränken, besonders Wein, reduziert das kardiale Risiko. Auf mehreren Ebenen: Unter anderem verringert sich die Neigung zur Thrombozytenaggregation, Lipid- und Glucoseprofil im Blut verbessern sich, ebenso wie Durchblutung und Fibrinolyse. Nicht von ungefähr hat die »American Heart Association« den guten Roten mit auf die Liste der Präventivmaßnahmen gesetzt – und Genuss damit zur Therapie deklariert.
Nun besteht zwischen kardialer und mentaler Gesundheit ein sehr enger Zusammenhang, so die medizinisch-wissenschaftliche Direktorin der Alzheimer Association, Dr. Maria Carillo, auf der internationalen Alzheimer-Konferenz (ICAD) in Wien: »Die Daten demonstrieren übereinstimmend, dass Bluthochdruck, Übergewicht und andere koronare Risikofaktoren auch das Risiko für Demenzen steigern«. Was die These nahe legt, dass moderater Alkoholkonsum nicht nur für das Herz, sondern auch für das Gehirn protektiv wirksam ist.
Schluckweise Neuroprotektion
In der Tat: Laut Prof. Kaycee Sink, Abteilung Gerontologie und geriatrische Medizin an der Wake Forest University School of Medicine, Winston-Salem, senkt allen voran Wein das dementielle Risiko. Professor Sink und sein Team überprüfte dies nun auch bei Senioren. In ihrer Studie waren 3.069 Frauen und Männer im Alter von 75 Jahren und darüber eingeschlossen. Zu Beginn der sechsjährigen Untersuchung waren 2.587 der Teilnehmer kognitiv unauffällig, 482 von ihnen litten unter Mild Cognitive Impairment (MCI).
Der Alkoholkonsum wurde kategorisiert in null, ein bis sieben Drinks (gering), acht bis 14 (mittel) und mehr als 14 Drinks (hoch) pro Woche. »Im Laufe der sechs Jahre haben wir alle sechs Monate umfangreiche Daten zur kognitiven Leistungsfähigkeit der Probanden erhoben«, so. Prof. Sink. Die Auswertung der Resultate erfolgte unter Berücksichtung von Ko-Morbiditäten, sozialer Aktivität, Depression, Nikotinaufnahme und der Kognition zu Studienbeginn.
Wie sich zeigte, geht der moderate Alkoholkonsum von einem bis zwei Drinks täglich mit einem um 37 Prozent geringeren Risiko für Alzheimer und andere Demenzen einher. Allerdings nur bei jenen Studienteilnehmern, die nicht an MCI litten. Nach den Worten von Prof. Sink führt Alkohol bei Patienten mit MCI hingegen sogar zu einem schnelleren Rückgang der kognitiven Fähigkeiten – in direkter Korrelation zur Alkoholmenge. Die neue Präventionsmaßnahme ist mithin, wie Prof. Sink ausdrücklich betont, nur für mental Gesunde zu empfehlen. Diese sollten von der schluckweisen Neuroprotektion allerdings auch nicht mehr als zwei Gläser täglich »einnehmen«.