Bleibt die Wirkung von Medikamenten aus oder kommt es nach der Einnahme zu toxischen Wirkungen, ist nicht immer die Dosis Schuld. Nahrungsmittel oder Getränke können die Ursache sein. Warnungen auf Beipackzetteln fehlen jedoch fast immer.
Den meisten Patienten ist klar, dass es sich nicht empfiehlt, Tabletten mit Wein oder Sekt hinunterzuspülen. Doch schon beim Bier macht hier der eine oder andere schon mal eine Ausnahme. Andere beliebte Getränke, die Pillen, Tropfen und Pulver in den Magen befördern helfen, sind Milch, Kaffee oder Obstsäfte. Getränke und Nahrungsmittel können die Wirkung von Medikamenten jedoch abschwächen oder bis zur Intoxikation verstärken. Betroffen sind über 300 Arzneistoffe. Diese stecken in mehr als 5.000 gebräuchlichen Medikamenten.
In den Beipackzetteln von Medikamenten ist der ideale Zeitpunkt der Einnahme von Medikamenten häufig vermerkt. Zur Verträglichkeit von Nahrungsmitteln mit Arzneistoffen ist allerdings noch wenig bekannt. Hier besteht großer Forschungsbedarf. Und selbst vor bekannten Risiken wird in Beipackzetteln nicht immer gewarnt.
Tödliche Wechselwirkungen
Geläufige Interaktionen zwischen Arzneien und Nahrungsmitteln listet die AOK. Die Warnungen reichen von der gemeinsamen Einnahme von Antibiotika und Milch bzw. Milchprodukten, Monoaminooxidase-Hemmern und eiweißreichen Nahrungsmitteln über Nahrungsmittel, die die Eisenaufnahme hemmen. Bei Bluthochdruckmitteln, Antihistaminika, Schlafmitteln und Immundepressiva ist besondere Vorsicht bei Grapefruitsaft geboten. Flavonoide in Pampelmusen kann die Medikamentenwirkung durch Hemmung eines Transporters im Darm reduzieren. Andererseits hemmt Grapefruitsaft das Enzym CYP3A4, das am Abbau von Arzneistoffen in der Leber beteiligt ist, und sorgt so für eine bis um zu 70 Prozent erhöhte Wirksamkeit von bestimmten Medikamenten. CYP3A4 ist am Abbau von etwa 50 Prozent aller Medikamente beteiligt, Wechselwirkungen sind häufig. Todesfälle wurden unter der Behandlung mit Statinen und bei Antiallergika berichtet. Welche Bestandteile der Grapefruit dafür verantwortlich sind, ist bislang ungeklärt.
Bekannt sind auch Interaktionen von Lakritze und schwarzem Pfeffer mit Medikamenten. Dabei vertragen sich Lakritze und Diuretika schlecht und führen möglicherweise zu einem Kaliumverlust, der sich in Müdigkeit, Muskelschwäche und erhöhtem Blutdruck bemerkbar macht. Bei kaliumsparenden Diuretika sind dagegen kaliumreiche Nahrungsmittel wie Bananen, Orangen oder grünes Blattgemüse zu vermeiden, damit keine Hyperkaliämie entsteht. Schwarzer Pfeffer enthält Piperidin. Dieses kann den Theophyllinspiegel erhöhen. Dies gilt auch für Lebensmittel, die Tannin enthalten. Auch sehr fetthaltige und kohlenhydratreiche Mahlzeiten können den Theophyllinspiegel beeinflussen. Dies wiederum ist jedoch von der Darreichungsform des Wirkstoffes abhängig und nicht allgemein gültig.
Übersichten unvollständig
Eine Übersicht für Patienten ist hierzulande schwer zu finden. Die National Consumer’s League in Washington veröffentlichte in Kooperation mit der U.S. Food and Drug Administration für Patienten eine Broschüre zu Interaktionen von Nahrungsmitteln mit Arzneistoffen. Allerdings sucht man auch hier vergeblich nach mittlerweile hinreichend bekannten Interaktionen etwa für Grapefruitsaft, sodass die Liste der Medikamente und der möglichen Nahrungsmittelinteraktionen unvollständig bleibt.
Da hilft es auch wenig, zum Thema Nebenwirkungen und Risiken den Arzt oder Apotheker zu befragen. Denn diese kennen die vielfältigen bislang bekannten Interaktionen u.U. auch nicht und haben auch kein geeignetes Nachschlagewerk zur Hand, das zuverlässig Auskunft gibt. Ganz zu schweigen von noch unbekannten Wechselwirkungen neuer Wirkstoffe und Darreichungsformen. Demnach können sich Patienten nur an die alte Regel halten: Medikamente mit Wasser (kein Mineralwasser) einnehmen und sich bezüglich Einnahmezeit und Mahlzeiten an die Packungsbeilage halten.