„Eine Geldanlage zum Entspannen“. Worauf viele Menschen in Zeiten der Finanzkrise vergeblich gewartet haben, wird Ärzten und Apothekern jetzt von der apoBank offensiv angeboten. Wer auf das Angebot eingeht, könnte jedoch bald ein leichtes Ziehen in der Wade spüren.
Was die Kunden und Anteilseigner des „Finanzspezialisten für die Heilberufe“ in Sachen Spareinlagen auf Werbeflyern zu lesen oder beim Bankberater zu hören bekommen, findet sich auch auf der Website der Bank im Bereich „Anlage & Vermögen“: „Die aktuelle Niedrigzinsphase bietet derzeit wenig attraktive Möglichkeiten, Geld im festverzinslichen Bereich anzulegen. Um dennoch ein interessantes Angebot unterbreiten zu können, gibt es jetzt den apoBank-Vermögensbrief mit Nachrangabrede.“ Garantierter Zins: 5 Prozent per anno. Fixe Laufzeit: 5 Jahre. Mindesteinlage: 1.000 Euro.
„Entspannen“ – das suggeriert Sicherheit. In Wahrheit ist diese Art der Geldanlage aber doch mit einem gewissen Risiko verbunden. Das offenbart das Wörtchen „Nachrangabrede“. Heißt: Sollte die apoBank Pleite gehen, werden die Anleger im Zuge des Insolvenzverfahrens „nachrangig“ behandelt. Erst werden andere Gläubiger bedient – die „Geldanlage zum Entspannen“ kann dann schnell spannend werden, wenngleich für die apoBank der Institutsschutz durch die Sicherungssysteme des Bundesverbands der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) gilt.
Bank-Chef Pfennig: „Wir sind solide“
Hier soll nichts schlimm geredet werden. Die apoBank steht nicht vor der Pleite, sondern immer noch gut da. Das ist an der jüngsten Bilanz abzulesen und das ist auch die Aussage ihres Vorstandsvorsitzenden Herbert Pfennig, der erst am 1. Juli das Amt von Günter Preuss übernommen hat: „Die Grundertragskraft der Bank ist unverändert solide“, so Pfennig beim Halbjahresbericht am 27. August.
Fest steht aber: Die apoBank steckt in der Krise. Ihr Gewinn schrumpfte im ersten Halbjahr 2009 auf 7,6 Millionen Euro – das ist nur noch ein Siebtel des Vorjahresertrags, der bei 56,8 Millionen Euro lag. Und die Kernkapitalquote des Instituts sackte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres von 8,7 auf 6,4 Prozent – dieser Anteil des Kreditvolumens ist derzeit also noch vom Eigenkapital der Bank gedeckt. 4 Prozent sind den aufsichtsrechtlichen Vorgaben gemäß Minimum in Deutschland.
Auch die „Geldanlage zum Entspannen“ ist ein Abbild dieser Krise. Die Bank braucht dringend frisches Kapital und hat bereits Nachrangdarlehen im Wert von 250 Millionen Euro emittiert – Geld, das ihre Anleger aufs angeschlagene Konto schaufeln.
Mit Giftpapieren überhoben
Ein weiteres Abbild: Der BVR, dem die apoBank angehört, muss zwei strukturierte Wertpapiere im Gesamtvolumen von 150 Millionen Euro mit 120 Millionen Euro absichern. Strukturierte Wertpapiere – das sind genau die riskanten Anlageformen, mit denen sich so manche Bank nicht nur in Deutschland überhoben hat. Aus den Wertpapieren wurden „Giftpapiere“, die seit Juli per Gesetz in „bad banks“ eingelagert werden können. Und schon ist in der Wirtschaftspresse zu lesen, dass die Stützungsmaßnahme des BVR für die apoBank einer bad bank-Lösung gleichkommt. „Das ist nicht richtig“, verlautet aus der Bank. „Die Genossenschaftsbanken haben lediglich eine temporäre Garantie bis Ende Dezember 2009 übernommen.“
Warum hat sich die apoBank seinerzeit überhaupt auf diese Risikogeschäfte, die insgesamt ein Gesamtvolumen von 5 Milliarden Euro haben, eingelassen? Vorstand Herbert Pfennig - derjenige, der dies wissen muss - stellte sich DocCheck für ein Interview nicht zur Verfügung. Und in der Pressestelle erklärt man hierzu: „Damals standen viele freie Mittel zur Verfügung und die Papiere wurden als bonitätsstark eingestuft. Bis heute weisen sie fast keine Leistungsstörungen auf. Das heißt Zinszahlung und Tilgung erfolgen zu nahezu 100 Prozent planmäßig. “ Extra betont wird dabei noch: „Auf Grund von aufsichtsrechtlichen Regularien muss bei diesen Wertpapieren mehr Eigenkapital unterlegt werden, obwohl dies die erwarteten Verluste mehrfach überzeichnet. Mit diesem Thema sind derzeit fast alle Banken in Deutschland konfrontiert.“
Spielt die Person Claus Harald Wilsing bei dieser eklatanten Fehlentscheidung aus heutiger Sicht eine Rolle? Dazu muss man wissen, dass Wilsing als Investmentbanker für die Sachsen LB mit dubiosen Wertpapiergeschäften am Millionenrad drehte, am Ende laut Capital ein millionenschweres Fiasko hinterließ – um danach im Jahr 2005 in den Vorstand der apoBank zu wechseln, zuständig für die Bereiche Unternehmensplanung/Treasury und Wertpapiere Institutionelle Anleger. „Herr Wilsing, der für unser Haus übrigens nicht mehr tätig ist, konnte keine eigenen Geschäfte machen“, heißt es bei der apoBank. „Das waren Entscheidungen, die der Gesamtvorstand getroffen hat. Dabei musste der Kauf jedes einzelnen dieser Papiere den regulären Kreditvergabeprozess mit allen verantwortlichen Beteiligten durchlaufen.“
KVB-Chef Munte: „Unser Geld liegt bei verschiedenen Banken“
Wer immer die Schuld für die Misere trägt – jetzt ist Schadensbegrenzung angesagt. Schon gibt es Gerüchte, dass institutionelle Anleger wie die KVen oder die Ärzteversorgungswerke aus Angst vor Verlusten ihre Gelder abziehen. Bayerns KV-Chef Axel Munte dazu: „Die Probleme, die die apoBank offensichtlich derzeit hat, sind heute im Bankensystem ja fast die Regel. Wenn man in der gegenwärtigen Krise von einer Bank zur anderen wechselt, dann gleicht das einem Würfelspiel. Denn es ist unklar, wie gut oder schlecht Banken die Krise bewältigen. Deshalb haben wir unser Portfolio so ausgerichtet, dass wir unsere Anlagen auf verschiedene Banken verteilen. Was die apoBank angeht, gehen wir davon aus, dass sie die Situation im Griff hat. Dass die Probleme erst jetzt bei ihr ankommen, spricht dafür, dass sie solide gearbeitet hat."
Eine schnelle Lösung der Probleme – das dürften die 325.000 apoBank-Kunden alle erwarten. Die Bank braucht deren Vertrauen. Und das Vertrauen ihrer mehr als 100.000 Mitglieder, die sich um ihre insgesamt rund 800 Millionen Euro Geschäftsanteile sorgen. Wie reagiert die Bank auf die allgemeine Verunsicherung? In der Pressestelle klingen die Entspannungsübungen so: „Niemand muss sich Sorgen machen … Wir haben keine Kreditklemme … Wir werden unser Kerngeschäft weiter ausbauen ... Als Standesbank sind wir den Heilberuflern in besonderer Weise verpflichtet ... Wir unterstützen bei der Existenzgründung, bei der Baufinanzierung, beim Vermögensaufbau ... Die Kreditkonditionen bleiben unverändert gut.“
Fazit: Auch mit einer Gebetsmühle kann man Pressearbeit machen.