Wer als Apotheker geistig rege bleiben möchte, kann sich mit Gedächtnisspielchen den Offizinalltag versüßen. Schwieriger wird es, wenn bei Kunden schon Gedächtnisprobleme auftreten. Das Spektrum pharmazeutischer Interventionen ist hier nach wie vor ziemlich begrenzt.
„Beim Schuppenshampoo denke dran, dass sich das Haar verfärben kann.“ Oder: „Essen macht Roxy fix und foxi!“ Apotheker, die sich mit Sätzen wie diesen relevante Eigenschaften eines Produkts oder Arzneimittels einprägen, verwenden eine einfache aber sehr effektive Erinnerungstechnik. Die so genannte Reimmethode – „im Jahre 333 bei Issos Keilerei“ – nutzt nicht nur Hobbyhistorikern. Sie kann auch die Kundenberatung einfacher machen, ein wenig Fantasie vorausgesetzt, denn vorformulierte Pharmareime gibt es kaum.
Hirn-Tuning macht müde Neuronen munter
Die Reimmethode ist nur eine von vielen Strategien zur Optimierung des Gedächtnisses, die in der Apotheke, aber natürlich nicht nur dort, eingesetzt werden können. Die Apothekerin Dr. Hiltrud von der Gathen von der Ickener Markt-Apotheke in Castrop-Rauxel gab beim Pharmacon 2009 der Bundesapothekerkammer einen faszinierenden Überblick über die Welt des drogenfreien Neuro-Tunings. Wer es mit der Reimmethode nicht so hat, kann beispielsweise mit der Lokalisationsmethode dröge Listen dadurch erinnerbar machen, dass er sie einem einprägsamen Bild gewissermaßen überlagert. So können etwa Abgabehinweise für Antibiotika im Geiste an die sechs Wände, Decken und Böden eines Zimmers „gemalt“ werden. Sie bleiben so leichter im Gedächtnis als wenn sie nur auswendig gelernt werden. Auch der Berliner Reichstag mit seinen vier Ecktürmen, seiner Kuppel und seinem prominenten Eingangsportal kann als Projektionsfläche für Gedächtnisinhalte dienen. Wer es eher mit der Kunst hat, nimmt ein Gemälde, dessen Details er vor seinem geistigen Auge präsent hat. Erlaubt ist dabei, was gefällt: „Merkwürdige Bilder, Bilder mit Bewegung oder Übertreibungen bei der Größe funktionieren besonders gut“, so von der Gathen.
Nicht mit Bildern, sondern mit Geschichten arbeitet die Assoziationsmethode, eine weitere Optimierungsstrategie für träge Gedächtnisneurone. Bei der Assoziationsmethode werden Geschichten erfunden, die – Beispiel Apotheke – einen pharmakologischen Sachverhalt illustrieren helfen. Wer sich etwa merken möchte, dass bei Patienten, die Blutverdünner nehmen, von Knoblauch, Ginkgo-Präparaten und einigen anderen OTC-Präparaten abgeraten werden sollte, kann ein kleines Geschichtchen drum herum erfinden, in dem die einzelnen Präparate als Schauspieler „auftreten“. Auch hier gilt: Die Art der Geschichte ist letztlich egal, solange man sich für den Inhalt interessiert. Nicht umsonst funktionierten beim Staatsexamen „schlüpfrige“ Lernhilfen besonders gut…
Die Pharmaschatulle hat in Sachen Demenzprophylaxe wenig zu bieten
Wer sein Gedächtnis von früh an auf Trab hält, reduziert das Risiko einer relevanten Demenz im Alter. Das ist mittlerweile in zahlreichen Untersuchungen gezeigt worden. In der Interaktion mit seinen Kunden steht der Apotheker im Alltag freilich häufiger vor einem anderen Problem: Er ist konfrontiert mit Menschen, die ihm berichten, dass sie bereits leichte Ausfälle haben und gerne etwas dagegen tun würden. Mit spezifischen pharmakologischen Therapieansätzen sieht es hier ziemlich düster aus. „Bei milden kognitiven Störungen können wir mit Tabletten bisher noch nichts tun“, betonte Professor Hans Förstl von der Klinik für Psychiatrie der Technischen Universität München. Alles was in diesem Zusammenhang gerne angepriesen wird, ist entweder nicht ausreichend belegt oder sogar schädlich. Das heißt freilich nicht, dass in Sachen Therapie oder in Sachen pharmazeutischer Beratung Nihilismus angesagt wäre. „Zumindest Zusatzsymptome sollte man bei solchen Patienten angehen, um damit das Risiko einer manifesten Demenz zu verringern“, betonte Förstl. Eine begleitende Depression beispielsweise gilt es zu erkennen und zu behandeln. Denn es gibt große Kohortenstudien, in denen das Risiko einer manifesten Alzheimer-Demenz bei unbehandelter Depression etwa doppelt so hoch ist wie in der Normalbevölkerung.
Blutdruckeinstellung ist Demenzprophylaxe!
Auch die Prophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse muss bei Patienten mit milden kognitiven Einschränkungen ernst genommen werden. Denn wenn schon Gedächtnisstörungen bestehen, sind subklinische zerebrale Ischämien im Rahmen einer Arteriosklerose der Hirngefäße doppelt gefährlich. Definitiv zu empfehlen und gut in der Apotheke machbar ist schließlich eine Blutdruckkontrolle, gerade wenn die ersten Gedächtnisprobleme bereits im mittleren Alter auftreten. Denn Menschen, die im Alter zwischen 40 und 50 Jahren niedrige Blutdruckwerte aufweisen, haben ein etwa dreißig Prozent niedrigeres Risiko für eingeschränkte kognitive Fähigkeiten im Alter als Menschen mit normalem Blutdruck. Und umgekehrt haben Menschen mit arterieller Hypertonie im mittleren Lebensalter ein mehr als doppelt so hohes Risiko für stark reduzierte kognitive Fähigkeiten im Alter.