Im Juli 2009 hat Sarah eine einmonatige Famulatur in der Pädiatrie des University Hospital of the West Indies in Kingston gemacht. Jetzt erzählt sie Euch, wie sie ihren Traum erfüllen könnte und gibt Euch ein paar Tipps zur Famulatur in Jamaika.
Vorbereitung
Meine Vorbereitungen begannen bereits ca. ein dreiviertel Jahr vorher mit der Bewerbung bei der bvmd. Die Zusage der bvmd erhielt ich im Frühjahr 2009. Die endgültige Zusage der Jamaikaner ließ jedoch lange auf sich warten, sodass es zeitlich etwas knapp wurde, um an das Visum und den Flug zu kommen. Das Visum kostet 45 Euro und man muss es bei der jamaikanischen Botschaft in Berlin beantragen.
Anreise
Es gibt keine Direktflüge nach Kingston, daher habe ich mich für einen Direktflug nach Montego Bay mit der Condor entschieden. Um nach Kingston zu gelangen, habe ich den Knutsford Express genutzt. Als ich in Montego Bay ankam, habe ich mir direkt eine einheimische SIM-Karte gekauft und versucht meine Kontaktperson anzurufen. Es hat sich aber herausgestellt, dass diese gar nicht im Land war. Glücklicherweise hatte ich noch die Telefonnummer des Jamsa-Präsidenten (Jamsa ist die dortige Austauschorganisation). Der stellte dann übrigens auch fest, dass meine Gastfamilie am Tag meiner Ankunft abgesagt hatte… Eine Stunde bevor ich dann mit dem Bus in Kingston ankam, fand sich eine Gastfamilie, die mir zumindest für die erste Nacht eine Unterkunft geben konnte. Am folgenden Tag nach unglaublich vielen Telefonaten fand sich eine sehr nette Gastfamilie, die zufällig ein Zimmer frei hatte und schon immer mal einen Austauschstudenten aufnehmen wollte. Die Gastfreundschaft dort ist sehr groß!
Begrüßung
Meine Famulatur startete nicht minder chaotisch: Man hatte mir keinen Ansprechpartner genannt, sodass ich durch Herumfragen herausfand wo ich mich melden sollte. Im Büro des Dekans wusste man aber zumindest, dass es mich gab. Ich wurde dann an eine Konsultantin verwiesen, die wiederum zwar nichts davon wusste, dass ich kommen sollte, nichtsdestotrotz freute sie sich über mein Erscheinen und war sehr engagiert mir die Pädiatrie näher zu bringen. Ich habe dort schnell Anschluss an die dortigen Medizinstudenten gefunden und bin mit ihnen auch zu ihren Seminaren gegangen. Es war unglaublich interessant, eine andere Art des Medizinstudiums kennenzulernen!
Tagesablauf
Das gesamte Semester wird in ca. 30iger Gruppen aufgeteilt und auf die Fachgebiete verteilt. Jede Gruppe hat eigene Vorlesungen, Seminare und Untersuchungskurse. Nach der Prüfung rotiert man zum nächsten Fach. So ist gewährleistet, dass die Dozenten sich intensiver mit den Studenten beschäftigen können.
Auf Station hatte man als Student die Möglichkeit alle Patienten zu untersuchen. Pro Station waren es ca. 25 Betten in einem Saal mit zwei Oberärzten und vier Assistenzärzten. Es gab also jederzeit die Möglichkeit, einen der Ärzte um Rat zu fragen, wenn man mit einer Untersuchung nicht zurechtkam oder sonstige Fragen hatte. Neben der klinischen Untersuchung wurden dort hauptsächlich Hb-Wert und Entzündungsparameter abgenommen, sowie Lumbalpunktion oder Röntgen durchgeführt. Das CT war kaputt, das MRT zu teuer und auf Termine zum Sonographieren mussten die Patienten tage- bis wochenlang warten…
Patientenkontakt
Oft war es so, dass man zwar wusste, was die Patienten wahrscheinlich hatten und wie man es therapieren müsste, doch die Möglichkeiten zur genaueren Abklärung und Therapie fehlten. Kurz: Es fehlte an Geld. Es ist die Regel, dass Medikamente nicht verfügbar sind, weil sie nicht nach Jamaika importiert werden.
Die klinische Untersuchung hat somit obersten Stellenwert und wird genauestens durchgeführt und auch gelehrt. Etwas was ich bis dahin in Deutschland vermisst habe. Genauso wichtig ist aber auch die Anamnese. Ich hatte den Eindruck, dass man sich mehr Zeit für die Patienten nimmt, als in Deutschland. Allerdings nimmt man sich dort mit allem mehr Zeit als in Deutschland.
Ein Jamaikaner sagte mir zur dortigen Lebensphilosophie folgendes: „Time is money. But we don’t have money… So we take our time.”
Während der Chefarztvisiten durfte ich (ja: durfte! ich musste nicht) Patienten vorstellen. Das hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht, gerade weil ich hierbei sehr viel gelernt habe. Diese Visiten waren aus einem anderen Grund kein Zuckerschlecken: Auf Station herrschten gefühlte 50°C und so passierte es häufiger, dass ich im Stehen einfach einnickte – zumindest anfangs, da ich mit der Hitze nicht gut zurechtkam. Erst als ich mein Trinkpensum um 100% steigerte, war dies kein Problem mehr…
Jamaika kennenlernen
Nach meiner Famulatur bin ich noch einige Wochen herumgereist und habe mir Jamaika angesehen. Ich habe mich zwar die ganze Zeit sicher gefühlt und hatte keine Probleme, doch es wird immer davor gewarnt gerade als Frau alleine zu reisen. Beim Reisen hatte ich zwar keine unangenehmen Zwischenfälle, doch dafür noch während meiner Famulatur in Kingston selbst: Ich musste insgesamt 5x zur Pica ( Passport, Immigration & Citizenship Agency). Die Uni hatte mir einen falsch-adressierten Brief für mein Visum (den Stempel gibt’s erst in Kingston) mitgegeben, sodass ich deswegen schon mehrfach hinmusste. Ein weiterer Grund war der Immigration Officer. Der war leider nicht so motiviert mir mein Visum zu geben. Stattdessen rief er aber bei mir an und versuchte mit mir auszugehen. Solche Geschichten sind kein Einzelfall und man sollte auf sowas gefasst sein.
Nochmal hin…?
Jamaika ist wirklich ein wunderschönes Land mit unglaublich netten und offenen Menschen!
Das einzig negative an diesem Abenteuer war, dass es nur 2 Monate dauerte. Ich kann es jedem empfehlen, mit nur einer Einschränkung: Man sollte sich nicht an ein bisschen Chaos stören. Pünktlichkeit ist dort tatsächlich ein Fremdwort. Das hat aber den Vorteil, dass man überhaupt keinen Stress kennt.
Adresse des Krankenhauses
The University of the West Indies Mona, St. Andrew, Kingston 7 Jamaica W.I.