Die Schweinegrippe ist da, die Ärzte scheinen überfordert. Patienten irren umher auf der Suche nach Impfstoff. In der Schweiz gibt es Grippe-Impfungen ohne Termin in der Apotheke. Und auch in Skandinavien setzen die Behörden bei der Schweinegrippe zunehmend auf die pharmazeutische Fachkompetenz.
Seit sich die Schweinegrippe in Deutschland ausbreitet und die Bild-Zeitung nach einer vorher eher kontraproduktiven Berichterstattung Schweingrippe-Opfer plötzlich auf die Titelseite hebt, beginnt sich die Impfstimmung in Deutschland zu drehen. Die Nachfrage nach der Impfung steigt. Argumenten für den Stich wird vermehrt Raum in der Presse gegeben. Alles gut also?
Ankommen, impfen, heimfahren
Nicht so ganz, denn die Ärzteschaft kommt nicht so richtig aus den Puschen. Wo geht es bitte zur Impfung?, fragt beispielsweise der FOCUS, und trifft damit den Nerv: In vielen Teilen Deutschlands müssen Bürger, die sich impfen lassen wollen, regelrecht nach Impfstoff suchen. Noch immer gibt es viele Ärzte, die die Impfung pauschal ablehnen. Selbst Angehörige von Risikogruppen haben zumindest in einigen Gegenden ernsthaft Schwierigkeiten, rasch und unbürokratisch eine Impfung zu bekommen. „Wir entscheiden Mitte November, wann genau wir Impftermine anbieten“, ist ein Standardsatz, den beispielsweise in Berlin derzeit viele Patienten zu hören bekommen, die bei einem stadtbekannten MVZ eine Impfung gegen die Schweinegrippe haben wollen.
Wie so oft, wenn die deutsche Bürokratie nervt, hilft ein Blick in die Schweiz. „Spontan und unkompliziert“, so wirbt beispielsweise der Baselstädtische Apotheker-Verband für die Grippe-Impfung in der Apotheke. Grippe-Impfung in der Apotheke? Ok, auch in der Schweiz impfen die Apotheker (noch) nicht wirklich selbst. Es gibt aber an vielen Orten Kooperationsverträge zwischen Ärzten und Apothekern, bei denen Ärzte sich einen Tag lang in die Apotheke stellen und jeden, der vorbeikommt und sich impfen lassen möchte, unbürokratisch und ohne vorherige Terminvereinbarung impfen. Angesprochen sollen, wen wundert es, vor allem jene Menschen, denen der Gang zum Arzt zu aufwändig ist.
Natürlich ist die Sache dann nicht umsonst. Aber umgerechnet 17 Euro sind sicherlich für nicht wenige Kunden ein durchaus attraktiver Preis für eine Impfung, die in wenigen Minuten und ganz spontan erledigt werden kann. Das zeigt sich auch in der Inanspruchnahme. Schweizer Apotheker, nicht nur in Basel übrigens, bieten diesen Service zum Teil seit Jahren an. Und beim Baselstädtischen Apothekerverband berichtet man nicht ohne Stolz, dass auch deutsche „Medizintouristen“ das Angebot in den grenznahen Apotheken nutzen. Die Botschaft aus der Schweiz lautet also: Lasst die Apotheker ran!
Norwegen setzt bei Grippe-Therapie auf Outsourcing an die Apotheker
Diesen Ruf hat auch das norwegische Gesundheitsministerium gehört. Dort wurden jetzt die Rechte der Apothekerschaft bei der Abgabe von Anti-Grippe-Präparaten per Dekret deutlich ausgeweitet. Wie der Arzneimittelgroßhändler Celesio meldet, dürfen Apotheker in dem skandinavischen Land seit dem 5. November die beiden Neuraminidase-Hemmstoffe Tamiflu und Relenza auch ohne ärztliches Rezept abgeben. Den Anfang macht die Apothekenkette Vitusapotek, ein Unternehmen der Celesio-Tochter Norsk Medisinaldepot (NMD), die 167 von 646 norwegischen Apotheken betreibt. „Sämtliche Apotheker sind im Bereitschaftsdienst, alle anderen Termine abgesagt“, sagt Kjell Paulsrud, Geschäftsführer von NMD. „Wir haben uns seit April dieses Jahres auf diese Situation vorbereitet und sind folglich in der Lage, umgehend und zielgerichtet damit umzugehen.“ Ausgeteilt werden via Apotheke auch Schutzmasken und dazugehörige Informationsbroschüren. Norwegens Gesundheitsministerin Anne-Grete Strøm-Erichsen hat laut Celesio betont, dass die Apotheker durch die rasche und unbürokratische Abgabe der Medikamente dazu beitrügen, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und das Gesundheitssystem zu entlasten.