Bislang wurden nur Veränderungen von einzelnen Hochrisikogenen mit Brustkrebs in Verbindung gebracht. Warum es auch ohne Auffälligkeiten in Bereichen wie BRCA1 und BRCA2 zur familiären Häufung kommt, war unklar. Jetzt fanden Pathologen weitere Risikofaktoren.
Im letzten Jahr zeigten Forscher des Deutschen Konsortiums Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, dass genetische Veränderungen bei Hochrisikogenen wie BRCA1 oder BRCA2 nur ein Teil der Wahrheit sind. Von rund 15.000 untersuchten und an Brustkrebs erkrankten Frauen mit einer familiären Belastung hatten nur 20 Prozent Veränderungen in diesen Bereichen. Jetzt veröffentlichte Fergus J. Couch von der Mayo Clinic in Rochester Ergebnisse einer Multigenpanel-Analyse - und liefert weitere Antworten.
Basis waren Daten zu 65.057 Patientinnen mit Brustkrebs, die Couch von Ambry Genetics bekommen hatte. Der Wissenschaftler fand heraus, dass Varianten von PALB2 zu einem erhöhten Risiko führen. Mutationen in CHEK2, ATM, BARD1 und RAD51D stehen mit einem leicht erhöhten Risiko in Verbindung. Bei MRE11A, RAD50, NBN, BRIP1, RAD51C, MLH1 und NF1 konnte Couch jedoch keine Zusammenhänge zu malignen Erkrankungen herstellen. „Sämtliche der von der Couch-Gruppe analysierten Gene waren in Voruntersuchungen bereits als mögliche Risikogene für Brustkrebs identifiziert worden“, sagt Professor Dr. Rita Schmutzler. Sie ist Direktorin des Zentrums Zentrum Familiärer Brust- und Eierstockkrebs, Uniklinik Köln. „Allerdings treten Mutationen in diesen Genen so selten auf, dass bisher keine soliden Daten zu deren genauer Bedeutung vorlagen.“ Mittlerweile stehen Forschern Techniken der genomweiten Hochdurchsatzanalyse. zur Verfügung Sie haben die Möglichkeit, nach selten betroffenen Genen in großen Patientengruppen zu suchen.
Fragen bleiben trotzdem offen. Schmutzler zufolge müsse geklärt werden, was genau mit moderat bis hohen Risiken gemeint sei. „Couch et al. haben hier einfach mal Odds Ratios von zwei bis vier als moderates und solche darüber als Hochrisiko bezeichnet. Dies entspricht auch unseren derzeitigen Grenzziehungen: moderat ein mindestens zweifach erhöhtes Risiko, also lebenslang zirka 20 Prozent, und hoch ein mindestens vierfach erhöhtes Risiko, also lebenslang mindestens 40 Prozent.“ Schmutzler merkt an, dass von Couch nur relative, aber keine absoluten Risiken berechnet worden seien. „Diese eignen sich jedoch nicht für eine klinische Interpretation und Beratung der betroffenen Frauen, insbesondere wenn es über so wichtige Fragen wie eine prophylaktische Brustdrüsenentfernung zu entscheiden gilt.“ Wissenschaftler müssten auch klären, inwieweit Risikogene interagieren. „All diese noch fehlenden Daten sind wichtig für die Entscheidungsfindung über mögliche präventive und therapeutische Maßnahmen“, resümiert Schmutzler.