Keiner will in Hüffenhardt noch eine Apotheke führen. Deshalb hat DocMorris die ehemalige Brunnen-Apotheke in Baden-Württemberg zur digitalen Beratungsstation umfunktioniert. Nach 48 Stunden griff das Regierungspräsidium Karlsruhe ein.
Am 19. April ging Deutschlands erstes Ausgabeterminal mit Videoberatung an den Start. DocMorris’ Idee ist, Apotheker per Kamerafunktion zuzuschalten. Nach der Beratung und gegebenenfalls nach dem Einlesen von Rezepten erhalten Kunden ihre Präparate über einen Kommissionierautomaten. Dem Anbieter zufolge hätten Mitarbeiter mehrfach die Möglichkeit, zu überprüfen, ob tatsächlich das richtige Präparat beim Kunden landet.
Keine zwei Tage später schritt das Regierungspräsidium Karlsruhe ein. Es untersagte DocMorris den Betrieb einer Arzneimittelausgabestelle. „Die Abgabe in Hüffenhardt erfolgt nicht in einer Apotheke und ist auch nicht von der Versandhandelserlaubnis des in den Niederlanden ansässigen Unternehmens umfasst“, heißt es in einer Pressemeldung. „Der Versand muss aus einer öffentlichen Apotheke heraus erfolgen, was notwendigerweise mit einer individuellen Versendung oder Auslieferung an einen Dritten oder eine Abholstation verbunden ist.“ Gerade dies sei bei einem vorab befüllten Lagerautomaten nicht gegeben. Vielmehr verwische man „in unzulässiger Weise die Grenze zwischen dem Versandhandel und der Abgabe von Arzneimitteln in einer Präsenzapotheke“. Experten verweisen auf zahlreiche Auflagen für Präsenzapotheken, etwa hinsichtlich der Räumlichkeiten, der Ausstattung und des Personals laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO). „Die Untersagung war daher zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und einer breiten Arzneimittelversorgung durch gut ausgestattete Präsenzapotheken notwendig", schreiben Aufsichtsbehörden als Fazit.
„Die Enttäuschung ist schon da“, sagt Bürgermeister Walter Neff in einer Stellungnahme. „Wir hatten schon befürchtet, dass es wieder geschlossen wird.“ Seine Hoffnung: „Es wird noch etwas Zeit brauchen.“ Neffs Stellvertreter Heiko Hagner spricht von einer „Versorgungslücke“. Vor zwei Jahren war der letzte Apotheker in den Ruhestand gegangen, und kein anderer Kollege konnte sich entschließen, eine Betriebsstätte zu eröffnen. „Wir sehen unser Angebot nach wie vor als sinnvollen und gewünschten Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge in Hüffenhardt“, so Olaf Heinrich, Vorstandsvorsitzender bei DocMorris. „Wir werden daher in Abstimmung mit der Gemeinde und dem Bürgermeister alle Schritte unternehmen, die für die vollständige Umsetzung unseres alternativen und digitalen Versorgungskonzeptes für die Hüffenhardter notwendig sind.“ Am 26. April hat er Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe eingereicht. Bis auf Weiteres erhalten Kunden am Abgabe- und Beratungsterminal jetzt OTCs, aber keine Rx-Präparate.