Drei Minuten hat der Notarzt nach dem Herzstillstand, einen Patienten zu retten, ohne dass die irreversible Organ- und Hirnschäden eintreten. Wie ein Laie in diesem Zeitfenster das Leben mit Hilfe eines Defibrillators retten kann, schult das neue Projekt defiköln.
Allein im Kölner Stadtgebiet wird der Rettungsdienst jährlich zu über 1.000 „pulslosen“ Patienten gerufen, von denen erfahrungsgemäß nur maximal 20% das Ereignis überleben. Grund für die schlechte Prognose sind die irreversiblen Organ- und Hirnschäden, die bereits 3 Minuten nach dem Herzstillstand eintreten. Das Zeitfenster für effektive Hilfe ist somit denkbar kurz, für das Eingreifen von Notärzten und geschultem Rettungspersonal in der Regel zu kurz. Pro Minute anhaltender Herzrhythmusstörungen bzw. nicht erfolgter Wiederbelebungsmaßnahme sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um etwa 10%. Lebensrettend ist in dieser Situation einzig und allein die Laienreanimation einschließlich der Laiendefibrillation mit Hilfe halbautomatischer Defibrillatoren.
Wie alles begann
Professor Höpp und Privatdozent Dr. Zobel vom Herzzentrum der Uniklinik Köln starteten Anfang 2008 mit der Planung des Projektes defiköln. Gemeinsam mit dem Institut für Notfallmedizin und unter der Trägerschaft des Fördervereins des Herzzentrums setzte man die Ideen zur flächendeckenden Versorgung um. In den Vorräumen der Kölner Filialen der Sparkasse Köln-Bonn, der NetCologne-Zentrale, an den Infopoints der KIM-Kliniken und am Köln-Bonn-Airport wurden bis Anfang 2009 insgesamt 104 Defibrillatoren installiert. AED-Projekte gibt es zum aktuellen Zeitpunkt bereits mehrere in Deutschland. Die Einzigartigkeit des Kölner Projektes besteht in der absoluten Barrierefreiheit. Kein Kasten mit verschlossener Tür, keine Direktverbindung zu einer Leitstelle, die AED des Kölner Projektes sind jederzeit 24 Stunden täglich an 365 Tagen im Jahr erreichbar. Niemand muss sich rechtfertigen, einen AED benutzen zu wollen.
AED – ein Konzept mit Zukunft
Die für dieses Projekt gewählten Defibrillatoren sind automatische externe Defibrillatoren, sogenannte AED, es gibt also lediglich einen Einschalt- und einen Schockknopf. Der speziell für das Projekt gewählte AED war zum Beschaffungszeitpunkt der einzige auf dem Markt befindliche halbautomatische AED mit der Möglichkeit, die durch das Gerät aufgezeichneten Daten online an einen Server zu senden. Beim Anschalten führt der AED einen kurzen Selbsttest durch und leitet den Helfer dann akustisch zur richtigen Nutzung an. Eine fehlerhafte Anwendung durch den Laien soll so ausgeschlossen werden.
Das wirkliche Ziel des Projektes bleibt allerdings nach wie vor, eine schnelle Hilfe für jeden zu ermöglichen. Der Defibrillator alleine rettet keinem Menschen das Leben, nur in Kombination mit einem effektiven Schulungssystem kann das Projekt Wirkung zeigen. In Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen und privaten Schulen für Erste Hilfe werden daher Kurzschulungen zur Nutzung des AED und zur Reanimation angeboten. Weitere Strategien sind die Förderung von Multiplikatoren, um in der Bevölkerung zum einen die Sensibilität für den Einsatz der AED zu erhöhen und zum anderen um die Angst vor den Geräten zu nehmen.
Ständiger Support
Der Hintergrunddienst von defiköln wird von jeweils einem der drei Doktoranden des Projektes für etwa einen Monat besetzt. Der Hintergrunddienst ist mit einem Handy und Reservematerial inklusive einem Ersatz-AED ausgestattet und ist 24 Stunden täglich an 365 Tagen im Jahr erreichbar. Natürlich bringt die Umsetzung eines solchen Projektes immer auch Hindernisse mit sich. Das hohe Interesse der Kölner Bevölkerung stellte das Team vor Herausforderungen, in den ersten Monaten wurden täglich mehrmals geöffnete oder verschwundene Defibrillationselektrodenpackungen gemeldet, die vom Hintergrunddienst sofort ersetzt wurden.
Ausblick
Neben der flächendeckenden Ausstattung des Kölner Stadtgebietes mit automatischen Defibrillatoren verfolgt das Projekt immer die Idee, ein Modellprojekt zu sein. Erste Ansätze lassen sich im Kontakt mit der Uni Bonn erkennen. Wenn das Projekt in Köln erfolgreich ist, soll das Wissen auch anderen Großstädten zur Verfügung gestellt werden, um entsprechende Projekte zu etablieren. Die Kombination von flächendeckender AED-Ausstattung und großen Schulungskampagnen wird ein großer Schritt sein, um Großstädte sicherer zu machen.