Fast jeder zweite Mann findet, sein Penis könnte größer sein. Doch nur für wenige ist der Leidensdruck so enorm, dass sie eine Vergrößerung in Erwägung ziehen. Wie gehen Ärzte bei einer Penisverlängerung vor und wie viel ist tatsächlich machbar?
„Die meisten Patienten entscheiden sich tatsächlich für eine Penisvergrößerung, weil sie sich im schlaffen Zustand zu wenig bestückt fühlen“, sagt Dr. Stefan Schill von der Nofretete Klinik für Ästhetisch-Plastische Chirurgie in Bonn. Unangenehme Situationen beim Sport, in der Sauna oder beim FKK seien die häufigsten Gründe für OPs. Probleme beim Geschlechtsverkehr hätte eher eine Minderheit. In einem Beitrag von Gemma Sharp, die an der Monash University in Melbourne forscht, sieht die Situation ein wenig anders aus. Sie befragte 25 Männer nach den Gründen, warum sie mit ihrem Penis nicht zufrieden sind. An erster Stelle stand zwar das Selbstbild (32 Prozent Zustimmung), danach folgten aber mit 28 Prozent Zustimmung belastende Situationen oder Probleme beim Sex.
Doch wann ist ein Penis zu klein? Viele Menschen machen sich falsche Vorstellungen von Penismaßen, nicht zuletzt durch Pornos, die das Ideal verzerren. „Objektiv rechnen wir im erschlafften Zustand mit acht bis neun Zentimetern Länge bei kaukasischen Männern“, so Schill weiter. Bei einer Penislänge von weniger als sieben Zentimetern im erigierten Zustand spricht man von einem Mikropenis. Verteilung von Länge und Umfang des Penis in erigiertem bzw. schlaffem Zustand © Veale, D., Miles, S., Bramley, S., Muir, G. and Hodsoll, J. (2014), doi:10.1111/bju.13010 Eine Übersichtsarbeit mit mehr als 15.000 Probanden zeigt die Verteilung im Detail. Das Besondere an der Arbeit: Alle Messungen wurden von Ärzten durchgeführt, und nicht von den Männern selbst. Obwohl ihre Maße im statistischen Normalbereich lagen, gaben 45 Prozent an, mit ihrer Penislänge unzufrieden zu sein.
Der längste Anteil des Penis befindet sich gut versteckt im Körperinneren. „Bei der Verlängerung wird der vordere Anteil des Penisschafts vom Schambein gelöst“, erklärt Schill. „Der gebogene, nicht sichtbare Teil wird freigelegt, und ein Teil des innenliegenden Penisschafts nach außen verlagert.“ Diese sogenannte Ligamentolyse verändert nicht den Peniskörper selbst, sondern vielmehr das Verhältnis zwischen nicht sichtbaren innenliegenden und sichtbaren außenliegenden Anteilen. Schill führt den Eingriff nicht wie im Video von oben, sondern an der Penisunterseite (Raphe perinei, „Verwachsungsnaht“) aus, was kosmetisch zu den besten Erfolgen führt. Um zu verhindern, dass sich der Penisschaft wieder an den Schambeinknochen anlagert, können Implantate aus Eigenfett verwendet werden. Nach der Abheilung sollten Patienten den Penis per Vakuumgerät oder Penisstrecker trainieren, um den Erfolg zu optimieren. „Als alleinige Therapie bringen diese Methoden meiner Erfahrung nach aber nichts“, so der Experte. Darüber hinaus gibt es noch zwei Spezialfälle. Ist der Penis im Schambereich von starken Fettpolstern verdeckt, kann deren Entfernung zu guten Ergebnissen führen. Befindet sich der Ansatz des Hodensacks zu weit vorne am Penis, wird dieser sogenannte Skrotalansatz nach hinten verlagert. In beiden Szenarien bleibt der Penis selbst unverändert. Er wird postoperativ aber besser sichtbar.
Deutlich weniger invasiv als die Penisverlängerung ist die Penisverdickung mit autologem (körpereigenem) Fett. „Man entnimmt vorzugsweise von der Oberschenkelinnenseite oder seitlich am Bauch Eigenfett“, berichtet Schill. Er spritzt Kochsalzlösung in die jeweilige Region ein, um Fettzellen aufzuquellen. Das Prinzip sei von der Fettabsaugung, sprich Liposuktion, bekannt. Nach der Sedimentation oder Zentrifugation spritzt er reine Fettzellen zwischen den Penisschaft und die Penishaut ein und achtet auf deren symmetrische Verteilung. Anschließend muss ein Druckverband für wenige Tage getragen werden. Abstoßungsreaktionen treten nicht auf, da es sich um körpereigene Zellen handelt. Schlussendlich gewinnen Patienten zwei bis drei Zentimeter an Umfang. Gerade sehr athletische Männer haben gelegentlich zu wenig Körperfett für die Eigenfettbehandlung. In der Regel gelingt es jedoch auch bei solchen „Figurtypen“, etwa 30 bis 50 ml zu gewinnen. Als Alternative zur autologen Fettgewebstransplantation können „Dermal Fat Grafts“, also Gewebetransplantate, zum Einsatz kommen. Chirurgen entnehmen Gewebe aus der Pofalte und bringen den Hautlappen ohne Epidermis unter die Penisschafthaut. Der Eingriff ist weitaus invasiver und damit komplikationsträchtiger verglichen mit der Injektion von Eigenfett.
„In seltenen Fällen vergrößern wir auch die Eichel“, erzählt Schill. Das Gewebe sei sehr hart und derb, also schwer für stumpfe Kanülen zur Eigenfettinjektion zugänglich. Beim Eingriff wird der Peniskopf größer und unempfindlicher, behält aber seine natürliche Form. Das Verfahren hilft bei frühzeitigem Samenerguss, ähnlich wie die Eigenfettverdickung. Sowohl die Peniskopfvergrößerung als auch die Penisverdickung sind Möglichkeiten zur Intervention, sollten Patienten unter vorzeitigem Samenerguss leiden.
„Wenn ich das Gefühl habe, bei Patienten ist die Erwartungshaltung zu hoch, lehne ich Eingriffe zur Penisvergrößerung ab“, berichtet der Experte über Anamnesegespräche. „Es kommt oft die Frage auf, wie viel denn gehen würde.“ Im Idealfall seien es vier bis fünf, allenfalls sechs Zentimeter mehr Länge. „Wir bewegen uns im Realfall zwischen zwei und drei Zentimetern an Längengewinn und zwei und drei Zentimetern an Umfangsgewinn. Einen beliebigen Zuwachs erzielen wir jedoch nicht.“ Das ist manchen Patienten zu wenig, und in einem solchen Fall greift Dr. Schill eben nicht zum Skalpell. Ansonsten kombiniert er die Penisverdickung und die Penisverlängerung, um bestmögliche Resultate zu erreichen. Beide Eingriffe kosten zusammen rund 7.000 Euro; Verdickungen allein schlagen mit 3.800 Euro zu Buche.
Schills Fazit aus der Praxis: „Die Zufriedenheit ist bei allen Verfahren hoch, was aber vorrangig mit der Auswahl von Patienten und mit deren Aufklärung zusammenhängt.“ Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Sparp in ihrem Artikel, wobei sie nur Penisverdickungen untersucht hat. Übrigens: Weltweit führten Chirurgen 2016 genau 8.434 Penisverlängerungen durch. Das geht aus Statistiken der International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS) hervor. Deutschland (81 OPs) ist im unteren Mittelfeld, während Italien (578), Frankreich (513) oder Spanien (481) deutlich mehr Eingriffe vorzuweisen haben. Gründe nennt die ISAPS nicht.