Ein Facelifting verjüngt nicht nur, angenehmer Nebeneffekt ist häufig auch das Verschwinden einer Migräne. Das entdeckte ein plastischer Chirurg und prüfte die Beobachtung in einer Plazebo-kontrollierten Studie. 57 Prozent der Patienten wurden anfallsfrei.
Migränepatienten, bei denen konventionelle Therapien bislang versagten, könnten möglicherweise Hilfe beim plastischen Chirurgen finden. Denn ein Stirn-Lifting schützte über die Hälfte der Migränepatienten vor weiteren Attacken, ergab eine Studie von US-Forschern um den Chirurgen Bahman Guyuron vom University Hospitals Case Medical Center in Cleveland/Ohio.
Bereits ältere Studie ergab Wirksamkeit
Auf die Idee der operativen Behandlung einer Migräne hatten den Arzt seine Patienten selbst gebracht. Hatten sich diese zunächst wegen einer gewünschten Verjüngung ihres Gesichts operativ die Stirn glätten lassen, dankten sie ihm nach der Prozedur häufig dafür, dass neben den Falten auch die Migräne verschwunden war.
Bereits im Jahr 2005 hatte Guyron die Wirksamkeit des chirurgischen Stirn-Liftings mit unbehandelten Kontrollpersonen verglichen. Wie in der Fachzeitschrift Plastic and Reconstructive Surgery, dem Journal der American Society of Plastic Surgeons (ASPS), berichtet, waren nach der Operation 35 Prozent der Patienten frei von Migräne, und 57 Prozent berichteten über eine Besserung, die im durchschnittlichen Nachbeobachtungszeitraum von einem Jahr anhielt. Eine Linderung der Beschwerden gaben nur 15,8 Prozent der Patienten der unbehandelten Kontrollgruppe an. Insgesamt wiesen im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Behandlung 92 Prozent der Behandelten eine mindestens 50-prozentige Reduktion der Migränehäufigkeit, -dauer oder –intensität auf.
Schnitte sind Plazebo überlegen
In der aktuellen Studie berücksichtigte Guyuron die Kriterien der evidenzbasierten Medizin und gestaltete eine plazebokontrollierte doppelblinde Studie (Plastic and Reconstructive Surgery 2009; 124; 461-468). Von 75 Patienten mit moderater bis schwerer Migräne erhielten 49 eine echte Operation, die dem traditionellen Stirn-Lifting ähnelt, und 26 eine chirurgische Scheinbehandlung.
Von den Operierten berichteten im einjährigen Follow-up 57 Prozent über ein vollständiges Verschwinden ihrer Kopfschmerzen. Dies waren nur knapp vier Prozent der Scheinbehandelten. Eine mindestens 50-prozentige Reduktion ihrer Beschwerden erfuhren annähernd 84 Prozent der Gelifteten und knapp 58 Prozent der zum Schein Operierten. Wenn auch dieser Unterschied geringer ausfällt und die Plazebowirkung offensichtlich wird, ist er dennoch signifikant.
Weg mit den Triggerpunkten
Nach der Theorie, die viele Forscher teilen, beruht die Wirkung der Operation auf einer Inaktivierung von Triggerpunkten, die auch bei der Botox-Therapie über die Muskellähmung eine Rolle spielt. Die Methoden zielen darauf ab, die Kontraktionen der mimischen Muskulatur mittels Skalpell oder Lähmung zu unterbinden, damit Fasern des Trigeminusnervs nicht mehr gereizt werden können. So hatten auch die Patienten der beiden Guyron-Studien zuvor positiv auf eine Behandlung mit Botulinumtoxin reagiert. Die häufigsten Migränetriggerpunkte der Studienteilnehmer – dies sind die frontalen, temporalen und okzipitalen Triggerpunkte - waren vor Studienbeginn identifiziert worden.
Dass die Therapie mit Botulinumtoxin A wirkt, ist allerdings nicht bewiesen. Eine Metaanalyse von acht Studien mit 1.600 Patienten, dieses Jahr in der Fachzeitschrift Pharmacotherapy veröffentlicht, kommt jedenfalls zudem Schluss, dass das Nervengift nicht besser wirkt als Plazebo.
Für Guyuron kann das Liften der Stirn eine Alternativtherapie für Patienten mit mäßiger bis schwerer Migräne sein, die mit Botox bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Da diese Behandlung bekanntlich jedoch nur wenige Wochen wirksam ist, könnte die Chirurgie eine dauerhafte Lösung sein.