Mit dem Frühjahr beginnt wieder die Zeit großer Sportereignisse und halbe Städte werden temporär abgesperrt. Kommt es bei unbeteiligten Anwohnern zu Notfällen, warten sie deutlich länger auf den Notarzt als unter normalen Umständen.
Mit den steigenden Temperaturen finden vermehrt sportliche Großereignisse statt. Dafür werden Wettkampfstrecken großräumig abgesperrt. Um die Sicherheit von Teilnehmern zu gewährleisten, werden Notfallkonzepte für Athleten entwickelt. Inwiefern haben diese Events aber Auswirkungen auf alle anderen Notfälle? Anupam B. Jena vom Department of Health Care Policy der Harvard Medical School, Boston, hat die Folgen für Unbeteiligte jetzt wissenschaftlich untersucht.
Basis ihrer Studie waren Daten von Medicare-Versicherten über 65 aus elf großen Städten. Zwischen 2002 und 2012 fanden vor Ort mehrere große Marathonveranstaltungen statt. Im nächsten Schritt suchte Jena Patienten, die aufgrund eines Herzstillstands mit Reanimation oder aufgrund eines Herzinfarkts stationär behandelt werden mussten. Aus diesen Gründen wurden 1.145 Personen an Wettkampftagen hospitalisiert. Als Vergleich zog die Forscherin 11.074 Personen heran, die an Nichtmarathon-Tagen stationäre medizinische Hilfe in Anspruch genommen hatten. Wie Jena herausfand, benötigte der Rettungswagen normalerweise 13,7 Minuten bis zur Klinik, verglichen mit 18,1 Minuten an Tagen, an denen Sport-Events stattfanden. Dieser Unterschied machte sich bei der 30-Tage-Mortalität bemerkbar. Innerhalb dieser Periode starben 24,9 aller Notfallpatienten versus 28,2 Prozent an Wettkampftagen. Etwas anschaulicher formuliert, gab es an an Tagen mit Großveranstaltungen vier zusätzliche Todesfälle pro 100 Patienten mit akuten kardialen Ereignissen.
Bleibt als Schwachpunkt: Die Veröffentlichung kann wie jede Beobachtungsstudie keine Kausalität beweisen. Allerdings versuchten Wissenschaftler, sonstige Faktoren auszuschließen. Sie fanden keine Unterschiede im Patientenaufkommen, in der personellen Ausstattung oder in Behandlungsroutinen aller beteiligten Kliniken. „Diese Ergebnisse bedeuten nicht, dass wir keine großen öffentlichen Veranstaltungen haben sollten. Aber hoffentlich wird unsere Forschung dazu beitragen, dass Organisatoren für mehr Sicherheit der Menschen, die in der Nähe leben, sorgen“, so Jena. Momentan hätte man in erster Linie die Sportler selbst im Fokus, ohne über Folgen für Unbeteiligte nachzudenken.