Eine Geburt zuhause ist ebenso sicher wie das Kreißen in der Klinik, zumindest wenn bei der Schwangeren ein geringes Risiko vorliegt. Das zeigen die Zahlen von Studien aus Kanada und den Niederlanden.
Ob der Klapperstorch die Babys bringt, ist längst wissenschaftlich geklärt. Unterschiedliche Meinungen gibt es dagegen immer noch zur Frage, ob der Langschnabel besser in einer geburtshilflichen Abteilung oder zuhause landen sollte. Nur wenige Themen rund um die Geburt erhitzen derart die Gemüter. Die so genannte Gesundheitsführung des Dritten Reiches zum Beispiel propagierte aus ideologischen Gründen die Hausgeburt. Es bedurfte einer Denkschrift der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie, um die staatliche Benachteiligung der klinischen Gynäkologie aufzuheben. Am 21. Dezember 1938 wurde das Hebammengesetz erlassen, das dazu verpflichtete, zu jeder Geburt eine Hebamme hinzu zu ziehen.
Nur wenige Kinder werden zuhause geboren
Längst haben sich die Verhältnisse ins andere Extrem verkehrt. Nach Angaben der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG) kamen im Jahre 2007 in Deutschland lediglich 1,65 Prozent aller Kinder außerhalb der Klinik auf die Welt. Das liegt etwa im langjährigen Durchschnitt. Wie viele dieser Geburten echte Hausgeburten sind, ist nicht bekannt. Prof. Dr. Beate A. Schücking von der Universität Osnabrück schätzt, dass lediglich jedes 100. Neugeborene den ersten Schrei im heimischen Schlafzimmer tut. Das entspricht etwa den Zahlen, die man auch aus den USA kennt. Dort entscheiden sich laut einer Umfrage Frauen vor allem deshalb für eine Hausgeburt, weil sie in der Klinik unnötige medizinische Eingriffe fürchten, dort schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht haben, ein beruhigendes Umfeld haben wollen oder allgemein – um bei der Geburt die Kontrolle zu behalten.
Damit handeln diese Frauen gegen den Rat vieler Ärzte. Im Jahre 2002 behauptete zum Beispiel die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe bei ihrem 54. Kongress, dass bis zu 18 Prozent aller außerklinischen Geburten wegen Komplikationen letztlich doch im Kreißsaal enden würden. Von Hausentbindungen werde daher abgeraten. Ins gleiche Horn stieß im vergangenen Jahr die Deutsche Gesellschaft für Pränatale- und Geburtsmedizin bei ihrer Jahrestagung in Bonn. „Unser Ziel ist eine optimale Versorgung und eine sichere Geburt, die am ehesten in großen Kliniken gewährleistet wird“, sagte Tagungspräsident Prof. Dr. Ulrich Gembuch damals. Er riet auch bei risikolosen Fällen zur ambulanten Geburt.
Bei geringem Risiko wenig Komplikationen
Dem widersprechen allerdings neuste Zahlen einer kanadischen und einer niederländischen Studie. So kam es in British Columbia bei 2.889 geplanten Hausgeburten mit Hilfe einer Hebamme zu 0,35 perinatalen Todesfällen pro 1.000 Geburten. Im Krankenhaus starben dagegen statistisch 0,57 Kinder, wenn eine Hebamme dabei war. Unter ärztlicher Hilfe traf es sogar 0,64 Neugeborene. In der niederländischen Studie wurde die gewaltige Datenmenge von 321.307 Hausgeburten über sieben Jahren bei Schwangeren mit geringem Risiko analysiert. Im Vergleich zu 163.261 geplanten Krankenhausgeburten zeigte sich dabei kein statistisch signifikanter Unterschied in Bezug auf neonatale Todesfälle oder die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung des Neugeborenen. Was genau den Ausschlag einer sicheren Hausgeburt gibt, konnten auch die Wissenschaftler nicht final bestimmen. Forscherin Patricia Janssen, Leiterin der kanadischen Studie, hält es in ihrem Bericht aber für möglich, dass die "bewusste Entscheidung" der Frauen für eine Hausgeburt stark zu deren Gelingen beiträgt. Dazu kommt ein oft in den Hintergrund gerücktes Argument: Hausgeburten verlaufen oftmals deshalb unkritisch, weil seitens der Hebammen auch nur den "problemlosen" Fällen zum Gebären im eigenen Heim geraten wird. Kritische Fälle werden oft direkt an die Klinik empfohlen.
Beide Studien kommen dennoch zum selben Ergebnis: Eine Schwangere mit geringem Risiko darf guten Gewissens zu Hause gebären – so sie sich denn in die Hände einer erfahrenen Hebamme begibt und im Notfall die Verlegung ins Krankenhaus gewährleistet ist. Das darf man laut Prof. Schücking getrost auf Deutschland übertragen, wo Hausgeburtshilfe „nachgewiesenermaßen sicher“ sei. Einer gesunden Schwangeren, die möglichst interventionsarm gebären möchte, könne die Hausgeburt als sichere Alternative zur Klinik empfohlen werden, so ihr Fazit.