Myopie ist weltweit die am weitesten verbreitete Augenerkrankung, Tendenz steigend. Wer viel lernt, aber auch häufig auf sein Mobiltelefon starrt, hat mit deutlich höheren Risiken zu rechnen. Augenärzte fordern, mehr Zeit im Freien zu verbringen.
Schule und Uni haben auch ihre Schattenseiten. „Aus der Mainzer Gutenberg-Gesundheitsstudie wissen wir, dass die Anzahl der Bildungsjahre das Risiko für Kurzsichtigkeit erhöht“, sagt Professor Dr. Norbert Pfeiffer. Er ist Direktor der Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz. Man geht also davon aus, dass mit einem höhren Schulabschluss einer Person auch die Fehlsichtigkeit stärker ist.
Zusammen mit Kollegen hat Pfeiffer 4.658 Personen im Alter von 35 bis 74 Jahren untersucht, die weder einen Grauen Star hatten, noch an den Augen operiert oder gelasert worden waren. Nur 24 Prozent der Kurzsichtigen hatten keine Ausbildung oder höhere Schulbildung, während von den Probanden mit Abitur oder Berufsabschluss schon 35 Prozent kurzsichtig waren. Dagegen wiesen nicht weniger als 53 Prozent der Hochschulschulabsolventen eine Kurzsichtigkeit auf. Zusätzlich zum erreichten Bildungsniveau haben die Mainzer Wissenschaftler mit der Anzahl der Schuljahre einen weiteren Einflussfaktor ausfindig machen können. Das Bildungsniveau eines Menschen und nicht seine Intelligenz sei entscheidend für die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit, lautet ein Fazit aus weiteren Untersuchungen.
Professor Dr. Anselm Jünemann, Direktor der Augenklinik der Unimedizin Rostock, warnt in diesem Zusammenhang vor der exzessiven Nutzung von Smartphones. Die permanente Naharbeit sei für die Myopie verantwortlich. Mit den Smartphones als stunden-, ja tage- und nächtelanger Begleiter von Jugendlichen würden die Effekte noch deutlich schlimmer. Wer ständig auf das Handy starrt, leistet viel Naharbeit. Auf diese Sehgewohnheiten stellt sich unser Auge ein, indem der Augapfel stärker als normal wächst. Wird er aber zu lang, reicht die Brechkraft von Hornhaut und Linse nicht aus, um auf der Netzhaut ein klares Bild zu erzeugen. Entfernte Objekte erscheinen unscharf, und die Person wird kurzsichtig. „Das Wachstum ist unumkehrbar“, so Jünemann. Seine Forderung: „Wir Augenärzte sollten deutlicher als bisher Position beziehen.“ Als Möglichkeit, um Kinder und Jugendliche zu erreichen, sieht er Einschränkungen bei der Berufswahl.
Augenärzte haben auch eine Empfehlung parat: Mehr Zeit im Freien sowie eine höhere Dosis an Tageslicht soll die Kurzsichtigkeit verringern. Mindestens 15 Stunden pro Woche sind ratsam, zugleich sollten die Augen weniger als 30 Stunden pro Woche mit Naharbeit – Smartphone, Computer oder Lesen inbegriffen – beschäftigt werden.