Der 23. März 2010 wird in die Geschichte Amerikas eingehen. An diesem Tag wurde im Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika der "Patient Protection and Affordable Care Act" mit 219 zu 212 Stimmen beschlossen. Präsident Barack Obama sagte danach: "This is what change looks like." Aber was genau wurde mit jenem viel umkämpften Gesetzesblatt beschlossen?
In Amerika gibt es zurzeit zwei staatliche Versicherungen mit den klangvollen Namen "Medicare" und "Medicaid". Beide wurden im Jahr 1965 von Präsident Lyndon B. Johnson als Zusatz zum "Social Security Act" eingeführt und seitdem oftmals reformiert und abgeändert.
Medicare ist als staatliche Krankenversicherung hauptsächlich für über 65-Jährige gedacht. Mit ihr wird ein Großteil, jedoch nicht alle, der Leistungen von Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten abgedeckt. Deshalb schließen viele Bürger noch eine private Zusatzversicherung ab.
Die zweite staatliche Krankenversicherung, Medicaid, richtet sich, wie der Name ("aid"=Hilfe) schon sagt an die armen U.S. Bürger. Das klingt zwar nobel, läuft jedoch in der Praxis alles andere als reibungslos ab. Denn das maximal erlaubte Einkommen für den Bezug von Medicaid obliegt dem jeweiligen Bundesstaat und hier gibt es große Differenzen. Zum Beispiel darf ein Bürger aus Arkansas max. 17% der staatlich definierten Armutsgrenze verdienen, ein Bürger aus Arizona jedoch bis zu 200% um Medicaid beanspruchen zu können.
Krankenversicherungen in den USA
Mit Medicare und Medicaid ist ca. ein Drittel der 300 Millionen U.S. Bürger abgedeckt. Der Rest muss sich privat versichern und von hier an tritt man ein in ein Reich, das von milliardenschweren Versicherungen dominiert wird.
Wer Glück hat, wird über seinen Arbeitgeber mitversichert und muss nur einen Teil (ca. 25%) der monatlichen Kosten übernehmen, den Rest zahlt der Arbeitgeber. Ist dies nicht der Fall, muss man sich auf eigene Faust eine Krankenversicherung suchen.
Die Privatversicherungen sind jedoch nicht verpflichtet jeden Antragssteller zu versichern und nutzen dieses Recht auch konsequent aus. So wird vor Vertragsabschluss ein Gesundheitscheck durchgeführt. Werden dort chronische Erkrankungen (Koronare Herzkrankheit, Epilepsie, Diabetes o.ä.) entdeckt, darf die Versicherung die Kostendeckung für diese Krankheit verweigern. Dies kann auch im Nachhinein noch vorgenommen werden. Verlangt ein Versicherter also bei Eintreten einer chronischen Erkrankung die Bezahlung aller Behandlungskosten, wird von der Versicherung überprüft, ob bei Vertragsabschluss bereits absehbar war, dass eine chronische Erkrankung eintritt. Ist dies der Fall, darf die Bezahlung der Behandlungskosten verweigert werden.
45,7 Millionen Bürger ohne Krankenversicherung
Durch dieses Raster fallen 45,7 Millionen Amerikaner, die keine Gesundheitsversicherung besitzen. Sie müssen alle Gesundheitskosten aus eigener Tasche bezahlen. Wird ein nicht-versicherter Patient in einer "lebensbedrohlichen Situation" in ein Krankenhaus eingeliefert, so verpflichtet der "Emergency Medical Treatment and Labour Act" das Krankenhaus dazu, den Patienten zu versorgen. Die Kosten dafür hat jedoch das Krankenhaus zu tragen. Dies stellt wiederum eine schwerwiegende finanzielle Belastung für die Krankenhäuser dar.
So soll es werden:
Das alles soll sich ändern. Dazu beschloss der Kongress vor etwas mehr als einem Monat ein umfangreiches Maßnahmenpaket, das sich vor allem zum Ziel setzt, möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern eine Krankenversicherung zu gewähren. Nicht alle Maßnahmen treten sofort in Kraft, der Mehrstufenplan soll bis 2018 vollständig umgesetzt werden. Die wichtigsten Änderungen findet ihr hier zusammengefasst:
Die Maßnahmen
ab 2010:
ab 2014:
ab 2018:
Zusätzliche 32 Millionen U.S. Bürger sollen dadurch unter das Dach der Krankenversicherungen gebracht werden. Zu diesem Zweck nimmt der amerikanische Staat geschätzte 940 Milliarden Dollar in die Hand. Finanziert wird dieser finanzielle Kraftakt durch Einsparungen in Form von Synergien und Effizienzsteigerungen bei den bereits bestehenden staatlichen Versicherungen und durch den Erlass von Steuererhöhungen für reiche U.S. Bürger.
Fazit
Bis alle Neuerungen umgesetzt sind, wird es ein langer Weg für das U.S. amerikanische Gesundheitssystem. In den nächsten Jahren wird es spannend bleiben, die Umsetzung der Maßnahmen und ihre Wirkung zu verfolgen.