Wohlfühlatmosphäre statt kalter Kreißsaal - viele junge Mütter bevorzugen die "außerklinische Geburt". Mit viel Zeit und Entspannung werden sie zum Beispiel im "Geburtshaus München e.V." vor und nach der Geburt begleitet. Ein Konzept von dem sich Ärzte und Kliniken inspirieren lassen sollten?
Kaltes Ambiente, unpersönliche Betreuung, stressige Umgebung – oft fühlen sich werdende Mütter vom Gedanken an eine klassische Kreißsaalgeburt abgeschreckt und suchen nach Alternativen. Im Gespräch mit dem Geburtshaus München zeigt sich, dass sich auch außerhalb des Krankenhauses verantwortungsvolle Wege auftun.
"Wir bieten vor allem Zeit, viel Zeit", sagt Magdalena Habrik, die als Hebamme für das Geburtshaus München tätig ist. Im Mittelpunkt der Betreuung werdender Mütter stehe das persönliche Gespräch von Anfang an – ein Punkt, für den sich Ärzte oft gerne mehr Zeit nehmen würden, jedoch meist nicht können. "Für einen Gesprächstermin veranschlagen wir eine volle Stunde – so viel Betreuung kann kein Krankenhaus leisten." Am Ende soll eine entspannte Geburt in heimeliger Atmosphäre stehen, das Geburtshaus bietet seinen Patientinnen oder vielmehr „Kundinnen“, wie Frau Habrik es ausdrückt, eine Altbauwohnung im Münchener Stadtteil Neuhausen. "Tendenziell gedämpftes Licht und in jedem Falle leise", so beschreibt die Hebamme das Ambiente, auf das während der Geburt Wert gelegt wird.
Komplikationen vorbeugen
In den Schwangerschaftsverlauf selbst werde auf keinen Fall eingegriffen, Untersuchungen im Rahmen der pränatalen Diagnostik wie z.B. Ultraschall werden den Ärzten überlassen. Zum medizinischen Arsenal der Geburtshäuser zählen homöopathische und komplementärmedizinische Methoden. "Bachblüten zum Beispiel", sagt Frau Habrik und meint eine alternativmedizinische Blütenessenz-Therapie, deren Konzept auf dem Einklang von Körper und Seele beruht. "Wir sind davon überzeugt, dass eine regelrecht verlaufende Schwangerschaft auch regelrecht zum Abschluss gebracht werden kann." Oft entstünden Probleme, die im Geburtsverlauf auftreten schon im Zuge der Betreuung im Vorfeld. Zu wenig persönliche Begleitung, zu wenig Hilfe im Umgang mit Stress und Ängsten führten nicht selten zu vermeidbaren Komplikationen. Junge Frauen, bei denen Schwierigkeiten während der Geburt absehbar sind, nehmen die Geburtshäuser gar nicht erst zur Betreuung an. Und falls es dennoch zu Schwierigkeiten kommt? Zusätzlich zur Geburtsbegleitung durch geschultes Personal – alle Mitarbeiterinnen des Geburtshaus München sind professionelle Hebammen mit Berufserfahrung – besteht enger Kontakt zu einer nahe gelegenen Klinik, in die schon beim geringsten Anzeichen auf Schwierigkeiten verlegt wird.
Intensive Vorsorge, Rufbereitschaft 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche, tägliche Wochenbettbesuche in den ersten zehn Tagen nach der Geburt – ein Service, bei dem sich die Frage nach den Kosten geradezu aufdrängt. "Glücklicherweise wird unser Angebot mittlerweile von den Krankenkassen übernommen", so Habrik. Lediglich für die Rufbereitschaft müssten noch einmal gut 200 Euro aus eigener Tasche aufgebracht werden.
Neue Ansätze für Krankenhäuser
Natürlich gibt es von Seiten der Krankenhäuser viel Skepsis, doch mindestens genauso viel positive Rückmeldung. "Einiges versuchen die Krankenhäuser sogar, bei sich selbst umzusetzen", fügt Habrik hinzu und spricht damit wohl vielen Schulmedizinern aus der Seele: Mehr Zeit, mehr persönlicher Patientenkontakt, eine angenehme Atmosphäre bei der Geburt – die Geburtshäuser zeigen, wie sich mit einfachen Mitteln Komplikationen vorbeugend vermeiden lassen. Für die Krankenhäuser, in denen nach wie vor die meisten Kinder zur Welt kommen, ist es an der Zeit, diese positiven Erfahrungen bei sich selbst umzusetzen.