Clusterkopfschmerzen sind selten, extrem belastend und lassen Betroffene nicht selten komplett verzweifeln. Bis zur Diagnose vergeht oft viel Zeit, empfohlene Therapien sind nicht immer wirksam. Gibt es dennoch Hoffnung?
Dämonen, Hölle, böser Vodoozauber – nennen Betroffene Ihre Schmerzen, und es wird deutlich, dass die Bezeichnung Kopfschmerz irreführend, weil stark untertrieben ist. „It’s Clustertime“ so ein Betroffener, Mitglied der Custerkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e.V. zu dem Beginn einer Attacke, um dann das zu beschreiben, was wirklich passiert. Wenn jemand ohnmächtig den allerstärksten Schmerzen ausgeliefert ist, scheint die Bezeichnung "Suicide Headache" vielleicht treffender für den aus dem scheinbaren Nichts auftauchenden Clusterkopfschmerz zu sein.
Oft Jahre bis zur Diagnose
Die International Headache Society (IHS) hat die Kriterien von Cluster-Kopfschmerzen revidiert. Demnach sind Attacken schwer oder sehr schwer und strikt unilateral im Bereich der Orbita, supraorbital oder temporal lokalisiert. Schmerzattacken halten 15 bis 180 Minuten lang an und können bis zu acht Mal täglich auftreten. Tatsächlich leiden manche Betroffene aber auch unter länger andauernden Schmerzzuständen. Mögliche zusätzliche Beschwerden auf der gleichen Seite des Gesichts können konjunktivale Injektion und/oder Lakrimation, nasale Kongestion und/oder Rhinorrhoe, Schwitzen an der Stirn oder im Gesicht, Miosis oder Ptosis sowie ein Augenlidödem sein. Hinzukommen können Ruhelosigkeit und Agitiertheit. Während manch einer monatelang Ruhe vor Anfällen hat bevor diese dann clusterartig wieder auftreten, vergeht bei anderen kaum ein Tag ohne Schmerzanfälle.
Trigger wie Alkohol, bestimmte Nahrung oder auch optische Reize sind manchen Patienten bekannt, aber leider nicht immer vermeidbar. Da die Schmerzen recht typisch sind, sollte eigentlich rasch an diese Diagnose gedacht werden - dies ist aber oft nicht der Fall. Eine der Ursachen: Es gibt nur relativ wenig Betroffene, nämlich 0,2 bis 0,3 Prozent der Bevölkerung. Diagnose und Differentialdiagnose bleiben deshalb häufig Spezialisten überlassen.
Ursache liegt im Stammhirn
Bereits im Jahr 2001 entdeckte Prof. Dr. med. Arne May vom Institut für Systemische Neurowissenschaften am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und Präsident der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V. (DMKG), dass den Kopfschmerzen nicht Entzündungen an Blutgefäßen zugrunde liegen, wie lange Zeit angenommen wurde, sondern diese nur eine wenig spezifische Begleiterscheinung dieser Art der Kopfschmerzen wie auch bei Migräne sind. Vielmehr wies er mittels Positronen-Emmissions-Tomografie (PET) nach, dass bestimmte Strukturen des Hypothalamus während der Attacken besonders aktiv sind. Diese Strukturen sind für den Schlaf-Wachrhythmus verantwortlich und steuern die innere Uhr bzw. zirkadiane Rhythmik.
Therapieerfolg unsicher
Über die Erkrankung klärt die DMKG umfassend auf. Da allgemein anerkannt pathophysiologische Konzepte bislang noch immer fehlen, stützen sich Behandlungsempfehlungen zur Akuttherapie und Prophylaxe von Anfällen auf empirische Daten. Einen hohen Stellenwert und bewiesen wirksam in der Akuttherapie, hat die Sauerstofftherapie mit guten Erfolgsquoten - wenn frühzeitig eingesetzt. Nicht wenige Patienten haben zu diesem Zweck ein Sauerstoffgerät zur Hand. Doch hilft die nebenwirkungsfreie Sauerstofftherapie bei weitem nicht jedem Patienten. Ein weiterer Therapieversuch lohnt mit der ebenfalls nebenwirkungsarmen, lokalen Verabreichung von Lidocain. In der Akutbehandlung und im klinischen Alltag nicht wegzudenken sind aber v.a. die Triptane und hier subkutan verabreichtes Sumatriptan. Auch die intranasale Applikation ist laut DMKG sinnvoll. In der Anfallsprophylaxe hat Verapamil und Lithium einen hohen Stellenwert, aber auch Prednison und Ergotamin haben ihren Wert.
Hoffnung: Nervenstimulation und LSD
Versagen alle medikamentösen Therapien bei den schwer einschränkenden Schmerzen, muss die Verzweiflung groß sein. Operative Therapien kommen aufgrund möglicherweise zusätzlich iatrogen verursachter Neuralgien nur in Einzelfällen in Betracht, so die DMKG. Hoffnung verspricht dagegen die okzipitale Nervenstimulation (ONS). Die Stimulation des Nervus occipitalis major durch implantierte Elektroden wird derzeit am Westdeutschen Kopfschmerz-Zentrum in Essen erprobt. Kleinere Studien hatten zumindest bei einem Teil der Patienten mindestens zwei Monate nach der Implantation zu Erfolgen geführt. Viel versprechend verliefen Therapieversuche der Medizinischen Hochschule Hannover in Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School mit 2-Bromo-LSD (kurz BOL). Das nicht halluzinogene LSD-Analogon befreite drei von vier Teilnehmern nach dreimaliger Verabreichung von 30 µg/kg mindestens zwei Monate lang fast vollständig von den Attacken, heißt es anlässlich des 14. Kongresses der Headache Society im September 2009 in Philadelphia veröffentlichten Abstracts der Studie. Ein Teilnehmer profitierte zumindest im Sinne einer Verbesserung der Schmerzintensität und Häufigkeit.
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