Ein Naturstoff aus den Wurzeln des Edelweiß verbessert die Haltbarkeit venöser Bypassgrafts bei koronarer Herzkrankheit dramatisch. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher der Medizinischen Universität Innsbruck in einer aktuellen Arbeit.
Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist in den westlichen Industrieländern eine der häufigsten Todesursachen. Pro Jahr sterben mehrere tausend Menschen an einem akuten Myokardinfarkt. Bei der KHK liegt eine Mangelversorgung des Myokardgewebes infolge einer Stenose oder eines Verschlusses der Koronararterien vor. Das Risiko, im Laufe eines Lebens an einer KHK zu erkranken liegt für Männer bei 30 Prozent, für Frauen bei 15 Prozent. Mit jedem Lebensjahrzehnt verdoppelt sich die Neuerkrankungsrate, die Patientenzahlen steigen. Die wesentlichen Symptome der Verengung von Herzkranzgefäßen sind Brustkorbschmerzen (Angina pectoris) oder ein Herzinfarkt. Eine mögliche Therapieoption gegen die KHK ist die Bypasschirurgie. Sie zählt mittlerweile zu den klinischen Routineeingriffen.
Langzeitergebnisse für venöse Grafts schlecht
Stark verengte oder komplett verschlossene Koronarstenosen werden mit autologen venösen oder arteriellen Gefäßen des Patienten überbrückt. Üblicherweise entnimmt man als Umleitungsgefäße, so genannte „Grafts“, die Vv. Saphenae der Unterschenkel, in manchen Fällen Arterien aus dem Brustkorb (A. mammaria interna oder A. gastroepiploica), oder die Aa. radiales der Unterarme. Am leichtesten verfügbar sind die Beinvenen, sie kommen bei rund der Hälfte aller Bypass-Operationen zum Einsatz. Diese Bypassgrafts haben jedoch den Nachteil, dass bereits nach einem Jahr 10-20 Prozent, nach zehn Jahren sogar die Hälfte defekt werden. Langzeitergebnisse von mehr als zehn Jahren zeigen für venöse Grafts eine Offenheitsrate von nur 40-60 Prozent. Der arterielle Kreislauf, in den die Venenteilstücke eingesetzt werden, und der Eingriff selbst schädigen das Gefäß und lösen dabei Reparaturmechanismen aus. In der Folge bilden sich an der Gefäßinnenwand verstärkt Muskelzellen, was wiederum zum Verschluss des Bypass führen kann. In diesem Fall wird ein weiterer Eingriff zwingend erforderlich.
Neue Substanz aus Edelweiß hilft
Nach der Operation werden zwar zelltodinduzierende Medikamente eingesetzt, die den neuerlichen Gefäßverschluss verhindern sollen, doch auch diese sind für die Gefäßinnenwand toxisch. Wissenschaftler der Innsbrucker Universitätsklink für Herzchirurgie versuchten diese Mechanismen zu durchbrechen. Sie machten sich gemeinsam mit Kollegen aus dem Institut für Pharmazie auf die Suche nach möglichen neuen Arzneistoffen. Mit modernsten phytochemischen Methoden und analytischen Hochleistungsverfahren suchten die Pharmazeuten nach Naturstoffen, die als Arzneimittel dienen könnten. Dabei richteten sie ihr Augenmerk besonders auf traditionelle Pflanzen der heimischen und der asiatischen Volksmedizin. In den Wurzeln des Edelweiß wurden sie schließlich fündig. Sie fanden eine neue Substanz, die Hoffnung verspricht: Leoligin verbessert die Haltbarkeit von venösen Bypassgrafts.
Leoligin hält venöse Grafts offen
Zunächst wurde die Substanz an Zellkulturen erforscht – Untersuchungen am Tiermodell folgten. Die Ergebnisse waren überzeugend: Bereits eine einmalige Gabe von Leoligin reduziert unerwünschte Gefäßwandverdickungen in venösen Bypassgrafts im Vergleich zu unbehandelten Mäusen um die Hälfte. Einzigartig an Leoligin ist, dass der Naturstoff die Gefäßinnenwand nicht angreift. Er reduziert sogar bereits existierende Verdickungen. Die Forscher haben auch die daran beteiligten molekularen Mechanismen untersucht und festgestellt, dass Leoligin einen Zellzyklusregulator (p27/KIP-1) stabilisiert und damit die Teilung der Zellen hemmt. Nun werden die Wissenschaftler die Substanz weiter optimieren, deren Einfluss auf die Zellzyklusregulation genauer erforschen und seine Wirkung in einem Bypass-Großtier-Modell überprüfen. „Wir wollen mit diesem Ansatz möglichst rasch in die Klinik“, sagt Doz. David Bernhard, der die bisherigen Ergebnisse nun in der Fachzeitschrift Cardiovascular Research veröffentlicht hat.