Geht nicht gibt’s nicht. Das ist das Motto des neuesten Laufstegwunders auf dem europäischen Parkett diagnostischer Großgeräte. Am Unispital Genf hat einer der weltweit ersten PET/MRT-Ganzkörperscanner den klinischen Studienbetrieb aufgenommen.
Computertomographen sind benigne Gesellen. Wer mit ihnen arbeiten will, hängt sich eine Schürze um, und dann geht alles wie von selbst. Bei Kernspingeräten ist das nicht so einfach. Die strahlen zwar nicht in der Gegend rum. Dafür sind sie aber auch längst nicht so kooperativ. Wer in ihrer Gegenwart Patienten operieren möchte, braucht nicht nur einen Schlangenkörper, sondern auch nicht-magnetisches Spezialbesteck. Wer seine neue IWC-Fliegeruhr etwas zu lässig ums Handgelenk gebunden hat und sie dort beim Betreten des Scanner-Raums versehentlich baumeln lässt, besitzt in Nullkommanix einen Haufen Luxus-Schrott. Und wenn es schlecht läuft, ist der ungleich teurere MRT-Scanner auch gleich noch im Eimer. Kein Wunder also, dass sich andere diagnostische Modalitäten nicht gerade darum reißen, mit der MRT gemeinsame Sache zu machen.
Joint-Venture gelungen. Tisch dreht.
Besonders augenfällig war das bisher bei der Positronenemissionstomographie (PET). Nach dem durchschlagenden Erfolg der Kombinationsgeräte aus PET und CT, die konventionelle PET-Scanner mittlerweile praktisch vom Markt verdrängt haben, war es eigentlich naheliegend, die PET auch noch mit der MRT zu verheiraten. In der Onkologie würden sich dafür problemlos Anwendungsfelder finden. Besonders reizvoll ist die Kombination aus PET und MRT aber für die Neurologen, die die CT bekanntlich allenfalls zum Blutungsausschluss verwenden, und das auch nur dann, wenn gerade kein MRT-Scanner frei ist. Der Bedarf war also da. Allein: Es ging nicht, weil sich die PET ähnlich zierte wie die IWC-Fliegeruhr: Sie wollte sich partout nicht an die Magnetfelder gewöhnen. In den Worten von Professor Osman Ratib, Leiter der Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin am Universitätsspital Genf: „Das Magnetfeld des MRT verhinderte bisher das ordnungsgemäße Funktionieren eines PET-Scanners und erzeugte Artefakte.“ Bisher, denn das Unternehmen Philips hat jetzt tatsächlich einen kombinierten PET/MRT-Scanner entwickelt, der die beiden scheinbar unvereinbaren Modalitäten zumindest nahe zueinander bringt.
Beim Kauf eines Scanners gibt’s ein Appartement gratis dazu.
Der Trick bestand darin, nicht – wie bei der PET/CT – alles in eine Röhre zu packen, sondern weiterhin mit zwei Röhren zu arbeiten. Diese sind durch einen Drehtisch miteinander verbunden. Damit können PET und MRT unmittelbar hintereinander vonstattengehen, ohne dass der Patient seine Liegeposition ändern muss. Das übernimmt für ihn der Drehtisch, der ihn von der einen in die andere Röhre bugsiert. Der Preis, den der Anwender für diesen Trick zahlen muss, besteht natürlich in einem gewissen Platzbedarf des Hybrid-Scanners. Hersteller Philips trägt dem insofern Rechnung, als es ein Angebot gibt, das nötige Apartment gleich mitzuliefern. Das Gerät kann vorinstalliert in einem Container angeliefert werden, in dem sich nicht nur die beiden Röhren samt Drehtisch, sondern auch gleich noch die nötige IT und die abgetrennten Kontrollräume befinden. Wer also zufällig noch ein paar Dutzend Quadratmeter Parkplatz neben seiner Praxis oder Klinik hat, die er nicht braucht, muss nur noch eine neue Tür einbauen und den Lieferservice anrufen. Fertig ist die PET/MRT-Laube.
Noch kein Gerät für die Routine
Die Genfer Ärzte wollen ihr schickes neues PET/MRT zunächst vor allem im Bereich der Onkologie nutzen. Weil es noch nicht für den klinischen Routinebetrieb zugelassen ist, kommt es vorerst nur im Rahmen von klinischen Studien zum Einsatz. „Die Kombination der Anatomie im MRT und des Metabolismus im PET wird einen Vorteil für die Verfolgung und Vorhersage sowie für die Überwachung der Behandlung von Krebspatienten bieten“, betonte Ratib, der kürzlich beim Röntgenkongress in Berlin über sein neues "Spielzeug" berichten durfte. Vor allem drei Indikationsbereiche haben die Schweizer derzeit im Fokus. Patienten mit Krebserkrankungen der Kopf-Hals-Region sind Kandidaten für die PET/MRT, weil bei diesen Patienten die Beurteilung von möglichen Tumorrezidiven aufgrund der durch die Operation oft radikal veränderten Anatomie besonders schwierig ist. Indikation zwei und drei sind die Differenzialdiagnose beim Brustkrebs und die Rezidivdiagnostik beim Prostatakarzinom.