Morbus Dupuytren schränkt die Bewegungsfähigkeit einzelner Finger ein. Eine Studie der Universität Erlangen zeigt, dass eine Strahlentherapie die Erkrankung in einem frühen Stadium aufhalten kann und langfristig sicher ist.
Im Alter lässt die Beweglichkeit der Finger oft nach. Aber nicht immer sind degenerative und entzündliche Erkrankungen der Gelenke die Ursache dafür. Vor allem Männer können einzelne Finger ebenfalls immer weniger ausstrecken, wenn sich das Bindegewebe in ihren Handinnenflächen übermäßig vermehrt und sich dadurch Knoten und Strängen bilden. Diese Veränderungen sind charakteristisch für Morbus Dupuytren, wie die Krankheit nach ihrem Entdecker benannt wird. Die gutartigen Wucherungen gehen von Fibroblasten, speziellen Bindegewebszellen, aus, die aus bisher unbekannter Ursache zuviel Kollagen produzieren.
Es dauert oft Jahre, bis die zunächst nur tastbaren Verhärtungen die Bewegungsfähigkeit in den Grund- und Mittelgelenken der Finger einschränken. Typischerweise ist bei Morbus Dupuytren-Patienten hauptsächlich der Ringfinger betroffen. Bislang wurde meistens erst im fortgeschrittenen Stadium versucht, mit Hilfe einer Operation die Symptome der Erkrankung zu beheben oder wenigstens zu lindern.
Alternative zur Operation
Seit einigen Jahren gibt es mit der Strahlentherapie eine Alternative zum chirurgischen Eingriff. Wie eine in der Fachzeitschrift Strahlentherapie und Onkologie veröffentliche Studie der Universitätsklinik Erlangen zeigt, kann eine Bestrahlung mit Röntgenstrahlen vor allem im frühen Stadium die Krankheit zum Stillstand bringen. In der retrospektiven Studie wurden 135 Patienten mit 208 erkrankten Händen, die seit 1982 eine Strahlentherapie erhalten hatten, nochmals einer Nachbeobachtung unterzogen.
„Bei den meisten Patienten kam es nach der Bestrahlung zu einem Stillstand, bei einigen sogar zu einer Verbesserung der Erkrankung“, sagt Oliver Ott, Oberarzt an der Strahlenklinik in Erlangen und Mitautor der Studie. Vor allem in den Frühstadien war der Erfolg der Behandlung nicht zu übersehen. Im Anfangsstadium der Krankheit, wenn die Patienten nur an Verhärtungen litten, blieben 87 Prozent der Probanden über einen durchschnittlichen Zeitraum von 13 Jahren progressionsfrei: Im leicht fortgeschrittenen Stadium, also wenn die betroffenen Finger weniger als fünf Grad nach vorne gebeugt waren, konnte die Krankheit bei 70 Prozent der Testpersonen aufgehalten werden.
Wenig Erfolg in späten Stadien
In späteren Stadien von Morbus Dupuytren erwies sich die Bestrahlung als deutlich weniger erfolgreich. Bei der Mehrzahl dieser Patienten trat die Krankheit nach der Therapie wieder auf. Alle Patienten wurden nach dem gleichen Schema behandelt: Das betroffene Hautareal wurde in zwei Serien mit je fünf Einzelsitzungen bestrahlt. Zwischen den beiden Serien lag eine Pause von sechs bis acht Wochen, damit sich das bestrahlte Gewebe wieder regenerieren konnte. Die Gesamtdosis der Röntgenstrahlung betrug 30 Gray.
Warum die Strahlentherapie Morbus Dupuytren vor allem im Frühstadium stoppen kann, ist noch unklar: „Vielleicht bewirkt die Röntgenstrahlung, dass sich im Bindegewebe die überschießenden Fibroblasten zu Fibrozyten ausreifen. Diese vermehren sich nicht so stark und bilden auch weniger Kollagen“, vermutet Ott. Befürchtungen, dass die Radiotherapie schwere Spätschäden bis hin zum Hautkrebs auslösen könnte, hat die Studie der Erlanger Mediziner widerlegt. „Selbst bei den Patienten, deren Behandlung am längsten zurücklag, fanden wir keinen Tumor, der sich auf die Strahlentherapie zurückführen hätte lassen“, berichtet Ott.
Nur leichte Nebenwirkungen
Allerdings litten einige Patienten im Anschluss an die Bestrahlung an leichten Nebenwirkungen: Bei 23 Prozent der Probanden kam es zu einer Hauttrockenheit und einer vermehrten Schuppenbildung, bei sieben Prozent zu einer Verdünnung der Haut. Ott: „Auch wenn diese Veränderungen über Jahre anhalten können, nahmen die Patienten sie gerne in Kauf, da Morbus Dupuytren unbehandelt so weit fortschreiten kann, dass die betroffene Hand ihre Funktion verliert.“
Auch andere Experten beurteilen die Studienergebnisse der Universitätsklinik Erlangen positiv: „Die Strahlentherapie ist eine wirksame und sichere Behandlungsoption, sagt Professor Rita Engenhart-Cabillic, Direktorin der Abteilung für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg. „Die besten Ergebnisse werden in den ersten beiden Jahren nach der Diagnose erzielt, wenn es noch zu keiner wesentlichen Einschränkung der Fingerstreckung gekommen ist.“ Mittlerweile, so die Medizinerin, sei dieses Verfahren in der gesetzlichen Krankenversorgung etabliert und jeder Patient in Deutschland finde im Umkreis von rund 50 Kilometer einen Strahlentherapeuten, der es anbiete.