Langsam schleicht sie sich an: Parodontitis. Jeder zweite Deutsche ist betroffen, jedoch nur zwei Prozent lassen sich auch behandeln. Trotz Vorsorgemöglichkeiten erfolgt die Behandlung oftmals zu spät. Der Barmer Zahnreport liefert nun die ernüchternden Zahlen dazu.
Die Prävalenz ist hoch: 43 Prozent der 35- bis 44-jährigen sind an einer eher moderaten Parodontitis erkrankt. Ganze 8 Prozent leiden unter der schweren Form. Demnach ist knapp die Hälfte der Deutschen im mittleren Alter betroffen. In höheren Altersgruppen steigen die Zahlen sogar auf insgesamt 65 Prozent. Bekanntlich bieten Krankenkassen Vorsorgeuntersuchungen und erste Behandlungsmaßnahmen an. Diese werden aber häufig gar nicht oder erst zu spät in Anspruch genommen. Lässt dies auf eine verbreitete Unwissenheit oder eine Art der Unbeschwertheit bei Patienten schließen? Der Barmer Zahnreport 2017 macht auf die aktuelle Situation aufmerksam. © Zahnreport 2017
2015 ließen 25 Prozent der Versicherten ein Parodontitis-Screening durchführen, aber nur weniger als zwei Prozent nahmen die nötige Therapie auch tatsächlich wahr. Etwa ein Drittel der Behandelten verloren innerhalb von vier Jahren die ersten Zähne. Eine besondere Risikogruppe sind Diabetiker. Auch regionale Unterschiede werden im Zahnreport deutlich. Während in Bayern 30,0 Prozent der Versicherten diagnostische Leistungen in Anspruch nehmen, liegt das Saarland mit 19,9 Prozent dahinter. Die Inanspruchnahme therapeuthischer Maßnahmen liegt im Saarland bei nur 0,9 und beispielsweise in Nordrhein-Westfalen bei 2,1 Prozent. Also doppelt so hoch. Patienten scheinen also eine intensivere Aufklärung zu benötigen, um ein Bewusstsein für diese chronische Krankheit zu entwickeln. Der Zeitpunkt des Therapiebeginns, sowie eine entsprechende Nachsorge, beeinflussen die Erfolgschancen der Zahnerhaltung nämlich maßgeblich. Außerdem sollten Betroffene weiterhin penibel auf ihre Mundhygiene achten und die Anweisungen ihres Arztes befolgen.
Bei einem Teil der Patienten kann mit der Parodontitistherapie keine nachhaltige Verhinderung von weiteren Zahnverlusten erreicht werden. Grund dafür ist möglicherweise eine zu späte Diagnose oder Behandlung. Patienten wird dringend dazu geraten, die Kontrollangebote der Krankenkassen in Anspruch zu nehmen und nicht erst bei Beschwerden den Zahnarzt aufzusuchen. Ein Statement der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) verspricht neue Schritte für die Zukunft: Zeitnah solle ein umfassendes Versorgungskonzept zur Parodontitistherapie vorgelegt werden und bisherige Leistungen hinterfragt werden. Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV sagt hierzu: „Der Leistungskatalog ist mit Blick auf Prävention und Nachsorge unvollständig, veraltet und entspricht längst nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Wesentliche Bausteine einer präventionsbasierten Versorgungsstrecke fehlen. Hierzu zählen die Möglichkeiten des Zahnarztes zur individuellen Aufklärung, Motivation und Remotivation der Patienten, regelmäßige Verlaufskontrollen im Sinne einer qualitätsgesicherten Evaluation sowie ein strukturiertes Nachsorgeprogramm im Sinne der Unterstützenden Parodontitistherapie.“