Süßstoff statt Zucker: Wer mit seinem Übergewicht kämpft, versucht es gerne mit einer Umstellung auf zuckerfreie Produkte. Doch die Studienlage zu Aspartam ist widersprüchlich. Soll man Patienten in ihrem Vorhaben unterstützen oder bremsen?
Es ist Sommer. Spätestens jetzt wollen viele Patienten und besonders Patientinnen abnehmen. Doch was sollen Ärzte und Apotheker übergewichtigen Patienten raten, wenn diese begeistert erzählen, dass sie von Cola auf Cola light umgestiegen sind oder ihren Kaffee anstelle von Zucker nun mit Süßstoff süßen? Keine leichte Aufgabe für einen Arzt. Natürlich haben Zuckeraustauschstoffe wie zum Beispiel Aspartam einige Vorteile. Sie enthalten weniger Kalorien als Zucker, sind in der Regel für Diabetiker geeignet und tragen weniger zur Kariesbildung bei. Allerdings sind in den letzten Jahren auch verstärkt Nachteile dieser Ersatzstoffe beschrieben worden. Verschiedene Studien berichten, sie sollen angeblich Krebs auslösen, Schlaganfälle und sogar Demenzerkrankungen fördern. Es stellt sich die Frage: Was ist dran am Phänomen Aspartam? Ist der Stoff wirklich schädlich? Und soll man Patienten nun von Diätprodukten abraten oder sie in ihrem Enthusiamus bestärken?
Was vermeintlich gegen Aspartam und Zuckeraustauschstoffe spricht, ist in diversen Studien zu lesen. So wurden im Rahmen der sogenannten Framingham-Studie beispielsweise 2.888 Personen unter 45 Jahren und 1.484 Personen über 60 Jahre über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg begleitet. Anhand eines Lebensmittel-Frequenz-Fragebogens wurde diesbezüglich die Getränkeeinnahme der Teilnehmer in Kohorten-Untersuchungen ermittelt und quantifiziert. In den folgenden sieben Jahren erlitten in der Teilnehmergruppe der zu Beginn der Studie unter 45-Jährigen 97 Personen einen Schlaganfall, 81 davon einen ischämischen Schlaganfall. Erstaunlicherweise waren hierbei die Personen, welche zu Beginn der Studie einen Konsum von mehr als einem Diät-Getränk pro Woche im Fragebogen angegeben hatten, dreimal häufiger von einem ischämischen Schlaganfall betroffen, als Teilnehmer, die zuvor angegeben hatten, keine Diätgetränke zu konsumieren. Auch in der Gruppe der zu Beginn der Studie über 60-Jährigen zeichnete sich ein ähnliches Bild ab. Während der folgenden sieben Jahre erkrankten 81 Teilnehmer an einer Demenz. Ebenfalls auffällig war hier das erhöhte Risiko in der Gruppe der Diät-Getränk-Konsumenten mit einer ermittelten Hazard Ratio von 2,89. Insgesamt konnte im Rahmen der Studie festgestellt werden, dass Personen, die häufig künstlich gesüßte Getränke konsumierten, später dreimal häufiger an Schlaganfällen oder Demenz erkrankten. Eigentlich nicht sehr verwunderlich, schon seit Jahren wurde in verschiedenen Studien diskutiert, dass mit Süßstoffen versetzte Getränke mit einem erhöhten Risiko für kardiometabolische Erkrankungen zusammenhängen können. Für echte, zuckerhaltige Süßgetränke hingegen konnte in dieser Studie aber keine Assoziation mit Schlaganfällen oder Demenz gefunden werden.
Weitere Studienergebnisse aus den letzten Jahren attestieren Aspartam auch eine krebsfördernde Wirkung. Der Zuckeraustauschstoff besteht zum größten Teil aus Asparaginsäure und Phenylalanin. In der Industrie ist er besonders beliebt, weil seine Süßkraft nahezu 200 mal höher ist, als die von Zucker. Dementsprechend muss der Stoff nur in geringen Mengen eingesetzt werden, um eine entsprechende Süße im Produkt zu erzielen. Der Energiegehalt des Produktes liegt damit deutlich unter dem Wert , den es bei einer entsprechenden Süße mit Zucker aufweisen würde. Das ist vermutlich einer der Hauptgründe, weshalb Aspartam heute in vielen Diätgetränken, aber auch in Kaugummi, anderen Süßwaren, Backwaren und teilweise auch Fertiggerichten enthalten ist. Außerdem weisen mit Aspartam gesüßte Produkte gegenüber Zuckerhaltigen den Vorteil auf, dass Kariesbildung deutlich geringer gefördert wird und das Produkt auch für Diabetiker besser geeignet ist. Dass Aspartam allerdings neben diesen Vorteilen eventuell auch erhebliche Nachteile mit sich bringt, suggerieren diverse Studien über den Zusammenhang von Aspartam und Krebs.
Anhand von Daten aus zwei Studien untersuchten US-amerikanische Forscher den Einfluss von Aspartam-Konsum auf das Risiko einer Krebserkrankung. In einem Analysezeitraum von 22 Jahren wurden hierzu circa 120.000 Personen untersucht. Unter den Probanden konnten die Wissenschaftler über den Untersuchungszeitraum hinweg verschiedene Formen von Krebs feststellen. Die Krebserkrankungen traten hierbei häufiger bei männlichen Probanden auf, die mit Aspartam gesüßte Getränke zu sich nahmen. Bei Frauen konnte ein solcher Zusammenhang hingegen nicht festgestellt werden. Diese Ergebnisse scheinen zunächst relativ überzeugend. Allerdings geben die Autoren in ihrer Schlussfolgerung am Ende des Artikels selbst an, dass – obwohl die Ergebnisse der Studie einen Hinweis auf den Zusammenhang von Süßstoffen wie Aspartam und die Entstehung bestimmter Krebsarten geben – die unterschiedlichen Geschlechtseffekte und das Auftreten eines Krebsrisikos bei Personen, die Diät-Getränke konsumieren, auch schlichtweg ein Zufall sein könnten.
Ein weiterer zu beachtender Faktor scheint bei derartigen Studien außerdem die Überlegung zu sein, dass Personen, die generell häufig Softdrinks zu sich nehmen, auch insgesamt weniger auf ihre Gesundheit bzw. Ernährung achten. Von dieser Annahme ausgehend, könnte auch ein allgemein ungesunder Lebensstil zu einer vermehrten Entstehung bestimmter Krebsarten geführt haben. Wie krebserregend sind Süßungsmittel wie Aspartam tatsächlich? Darauf lässt sich für den Menschen momentan noch keine abschließende Antwort finden. Allerdings muss angemerkt werden, dass Studien, in denen Aspartam an Nagetieren getestet wurde, die These der Kanzerogenität dieses Stoffes untermauern. An Ratten konnte beispielsweise die krebserregende Wirkung des Süßungsmittels nachgewiesen werden.
Tatsächlich scheint es so, als wäre selbst die Motivation, die Patienten überhaupt Getränke mit Zuckerersatzstoffen kaufen lässt, nämlich Kalorien zu sparen und sein Gewicht zu halten, eigentlich nur eine Farce. Denn selbst dieses Argument für den Kauf von Diätdrinks wurde mittlerweile entkräftet. So zeigt die Studie des Massachusetts General Hospital, dass aspartamhaltige Getränke offenbar exakt das Gegenteil bewirken. Zwar enthält das Getränk selbst, wie versprochen, kaum Kalorien, allerdings wird das häufig enthaltene Aspartam im Organismus zu Phenylalanin umgesetzt. Dieses blockiert die sogenannte alkaline Phosphatase (IAP), welches normalerweise dafür zuständig ist, Fettleibigkeit und Diabetes zu verhindern.