An prominenten Namen wird es während der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Gesundheit am kommenden 29. September im Deutschen Bundestag kaum fehlen: Für die zur Debatte stehenden Dokumente zeichnen sich neben der geballten Bundesregierung auch die Stars der Opposition verantwortlich.
Karl Lauterbach, Frank-Walter Steinmeier – und ohnehin die „gesamte Fraktion“ der SPD werden an diesem Tag ihre eigenen Bundestagsdrucksachen vorlegen, um den Ausschuss in Sachen AMNOG zu beeinflussen. Auch die Fraktionen der Grünen und die LINKE mischen im großen Showdown mit.
Es geht um viel, wenn auch sehr unbemerkt von der Öffentlichkeit. Denn die im Rahmen des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) geplante Änderung der Großhandelsvergütung „gefährdet zahlreiche qualifizierte und wohnortnahe Arbeitsplätze in Apotheken“, wie der Bundesverband PTA (BVpta) bereits am 10. August 2010 alarmiert feststellte. Bis zu 40.000 Euro pro Jahr und Apotheke könne das Minus ausmachen, rechnete der BVpta vor und nennt die Konsequenzen im gleichen Atemzug: „Da viele Apotheken diese zusätzliche Last nicht mehr schultern können, befürchten wir einen massiven Abbau von qualifizierten Arbeitsplätzen – vor allem bei PTA.“
Massiver Jobabbau?
Dass Verbände die Interessen ihrer Mitglieder medienwirksam verbreiten, gehört freilich zum Geschäft. Doch anders als in solchen Fällen üblich widmen sich schon vor Absegnung des Gesetzes Fachjournals den absehbaren Folgen für einen Berufsstand, den außerhalb des Apothekenbetriebs praktisch niemand kennt.
Das Fazit der Experten ist eindeutig: Die Bundesregierung plane in der aktuellen AMNOG-Version, dem Großhandel neben der bisherigen Vergütung auch eine „ertragsneutrale Honorierung“ zukommen zu lassen, nur: Das finanzielle Gesamtvolumen für den Großhandel werde gleichzeitig gesenkt. Allein das wirke sich, infolge sinkender Einnahmen, auf die Stellen der PTA-Branche aus, befürchtet nun der Bundesverband. Doch selbst wenn es nicht zum massiven Jobabbau kommen sollte, droht dem Berufsstand womöglich weiteres Ungemach.
Denn eine Finnesse in der Apothekenbetriebsordnung schreibt, sofern das Gesetz den Bundestag passiert, den neuen Umgang mit Rezepten vor. „Auch bei dieser Verordnungsänderung gibt es noch zahlreiche Ungereimtheiten wie etwa die Verpflichtung, dass künftig alle von PTA abgegeben Rezepte von einem Apotheker vor der Abgabe gegenzuzeichnen sind“, kritisiert die Vorsitzende des BVpta, Sabine Pfeiffer, die geplanten Änderungen. Warum PTA verstärkt überwacht werden sollen, bleibt freilich unklar – und wenig verständlich.
Rund 80 Prozent aller Arzneimittel werden seit 1968, als der Berufsstand sich neu formierte, ohnehin von pharmazeutisch technischen Assistentinnen abgegeben. Ob bei der Beratung, während der Rezepteinlösung oder beim Verkauf, die Berufsgruppe fungiert als Speerspitze in Sachen Kundenkontakt – woran es über Jahrzehnte hinweg nichts zu bemängeln gab. Was die größtenteils weiblichen Angestellten der PTA-Branche machen, gibt keinen Anlass zur Beanstandung. Mangelnde Fachkenntnis? Falsch zubereitete Präparate? Praktisch Fehlanzeige.
Berliner Änderung: Satz, Komma, Punkt.
Über das Berufsbild PTA hätten sich die Väter der geplanten Gesetzesänderungen ohne besondere geistige Überforderung beim frei zugänglichen Online-Lexikon Wikipedia informieren können. „Zu den Aufgaben zählen die Prüfung von Arzneimitteln, Wirk- und Hilfsstoffen sowie die Herstellung von Rezepturen“, heißt es auf der Website, und: „Wichtig ist dabei, die Kunden und Patienten über die richtige Anwendung der Produkte zu informieren. Auch in der Gesundheitsberatung und Prävention trägt die PTA zunehmend Verantwortung“.
Der Gesetzentwurf indes scheint sich mit derartigen Pragmatismen nicht auseinanderzusetzen, es geht offensichtlich eher darum, Dinge einfach zu ändern. Auf 40 Seiten befasst sich die Drucksache 17/2413 mit teilweise sehr skurrilen Aspekten der Gesetzgebung. So entstanden beim Entwurf der AMNOG Passagen, über die nicht nur die betroffenen PTA-Branche den Kopf schütteln wird.
Als ebenso sensationelles wie nutzloses Highlight des Regelwerks aus Berlin gilt zweifelsohne Artikel 3 Absatz 2: „In § 116 Absatz 3 Satz 1 werden das Semikolon und der nachfolgende Satzteil durch einen Punkt ersetzt.“