Im Gesundheitsausschuss wurde hitzig diskutiert – vor allem über ein Verbot des Rx-Versandhandels und die flächendeckende Versorgung mit Apotheken. Es scheint schwer, einen Konsens für alle Beteiligten zu finden. Einigkeit herrscht aber darüber, dass ein Verbot rechtlich kaum möglich ist.
Zum Thema Versandhandel und flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln hat sich am Mittwoch (17. Mai 2017) der Gesundheitsausschuss im Bundestag beraten. Grund waren drei Anträge der Opposition. Die Fraktion Die Linke möchte die Abschaffung von Zuzahlungen erreichen, da sie sozial schwächer gestellte Patienten benachteilige. Zudem fordert sie ein Verbot für den Versand verschreibungspflichtiger Medikamente. Das sieht auch der Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor. Bündnis90/Die Grünen hingegen sprechen sich gegen ein Verbot aus. Sie möchten den Versandhandel erhalten, aber die bisherige Festpreisbindung in Apotheken aufweichen. Deutsche Apotheken sollen im Konkurrenzkampf innerhalb Europas gestärkt werden: Künftig soll es einen verbindlichen Höchstpreis geben, der aber unterschritten werden kann, so dass es für Kunden Preissenkungen und Rabatte geben kann.
Hintergrund für die Ausschusssitzung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober vergangenen Jahres. Die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente wurde darin für ausländische Versandapotheken nach Deutschland aufgehoben. Zur Begründung hieß es, die Preisbindung bedeute einen nicht angemessenen Wettbewerbsnachteil für Versandapotheken – den Schwarzen Peter und den Wettbewerbsnachteil haben nun die Präsenzapotheken. Die Bundesregierung prüft derzeit in verschiedenen Ministerien, welche europa- und verfassungsrechtlichen Möglichkeiten es gibt, um deutsche Apotheken zu stärken und einen fairen Wettbewerb zwischen Versand- und Präsenzapotheken herzustellen. Während der 75-minütigen Debatte wurden die kontroversen Meinungen von Experten und Verbänden zu den Plänen der Opposition angehört. So sagte etwa Gesundheitsökonom Prof. Uwe May, der Antrag auf Höchstpreisbindung gewährleiste zwar den Schutz von Patienten vor teuren Medikamenten, nicht aber den von Apotheken. Wenn der Versandhandel eine Arznei auf den Warenwert reduziere und keine Beratung anbiete, könne die Arznei zu einem wesentlich günstigeren Preis angeboten werden. Die Präsenzapotheke würde unweigerlich an Marktanteilen verlieren, sodass Apotheken in beträchtlichem Umfang verschwinden würden.
Auch die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) warnte vor Wettbewerb unter Apothekern. Das bisherige System sei transparent, nur so sei Kostendämpfung möglich. Anders sieht es der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Das deutsche Vergütungssystem müsse hinterfragt werden, Höchstpreise seien eine Alternative. Zudem bestehe für Patienten durchaus ein Bedarf an Versandapotheken. Dies betonte auch der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA): Heute bezögen chronisch Kranke oft spezielle Medikamente, die es in den üblichen Apotheken nicht gebe, zudem gleiche der Versandhandel den Mangel an Medikamenten in strukturschwachen Gegenden aus. Auch der GKV-Spitzenverband meint, ein Verbot sei nicht mehr zeitgemäß, wenn zugleich E-Health-Projekte diskutiert würden. Ob ein Verbot für den Versandhandel überhaupt rechtlich möglich ist, bezweifelten die Rechtsexperten Prof. Ernst Hauck und Helge Sodann. Da sowohl die SPD als auch Finanz-, Wirtschafts- und Justizministerien gegen ein Versandverbot sind, ist mit einer Gesetzesänderung in dieser Legislaturperiode allerdings nicht mehr zu rechnen.